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Umkleidezeit als Arbeitszeit

Umkleidezeit im Lebensmittelbereich gehört zur Arbeitszeit

Arbeitsgericht Berlin, Urteil v. 17.10.2012, 28 BV 14611/12

Die Umkleidezeit für Arbeitsbekleidung ist immer dann als Arbeitszeit zu bewerten, wenn es öffentlich-rechtlich vorgeschrieben ist, dass die Beschäftigten nach dem jeweiligen Stand von Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen spezifische Berufskleidung tragen müssen.

In einem Berliner Warenhaus wurde zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat vereinbart, dass eine neue Lebensmittelberufsbekleidung, basierend auf hygienischen und gesetzlichen Vorschriften, getragen wird. Strittig blieb, ob die dafür erforderliche Umkleidezeit als Arbeitszeit zu werten ist.

Da keine Einigung über Vorsitz und Umfang der Einigungsstelle erzielt werden konnte, beantragte der Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle per Gerichtsbeschluss.

Vor der Einigungsstelle wollte der Betriebsrat die Klärung der Umkleidezeit generell auf die von Berufsbekleidung betroffene Belegschaft der Arbeitgeberin ausdehnen. Nach Ansicht des Betriebsrats gehört die Umkleidezeit für Berufsbekleidung zur Arbeitszeit.

Das Berliner Arbeitsgericht fand nur für den Lebensmittelbereich ausreichende Voraussetzungen, die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu betrachten. Hier gäbe es ausreichend arbeitsschutzrechtliche Vorschriften, die das Tragen von Arbeitsbekleidung fordern. Arbeitsschutzrechtliche Forderungen, dazu wird auch die arbeitsschutzrechtliche Umkleidezeit von Arbeitskleidung gezählt, dürfen nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen.

Nach Auffassung des Berliner Arbeitsgerichtes darf es keine Rolle spielen, dass die im Lebensmittelbereich geltenden Vorschriften für die Arbeitskleidung öffentlich-rechtliche Hygienevorschriften sind und keine arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften im engeren Sinne. Eine Grenzziehung zwischen Arbeitsschutz und Hygiene sei für diese Betrachtung nicht sachgerecht.

Daraus folgert das Berliner Arbeitsgericht:

Richtigerweise unterfällt die hiesige Dienstkleidung des Lebensmittelbereichs auch deshalb dem Schutzbereich des Arbeitszeitbegriffs in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG86.

Umkleidezeit für Arbeitskleidung ist also immer dann zu gewähren, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften, nach dem jeweiligen Stand von Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, spezifische Berufskleidung gebieten. Es wird im Urteil davon ausgegangen, dass der Wechsel der Arbeitsbekleidung am Arbeitsort erfolgt.