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Außerordentliche Kündigung unwirksam – trotz Annahme von Schmiergeld

Außerordentliche Kündigung unwirksam

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22. November 2012, 13 Sa 614/12

Nimmt ein Angestellter im öffentlichen Dienst Schmiergeld entgegen, ist damit nicht zwangsweise eine außerordentliche Kündigung durch die Arbeitgeberin gerechtfertigt.

Ein Wasserbaumeister beim Wasser- und Schifffahrtsamt nahm 500 Euro von Mitarbeitern eines beauftragten Unternehmens entgegen. Nach Entgegennahme des Geldgeschenkes informierte der Wasserbaumeister seinen Vorgesetzten. Dieser forderte ihn nicht zur Rückgabe des Geldgeschenkes auf. Das Geld wurde für die Finanzierung einer betrieblichen Weihnachtsfeier verwendet.

Dieser Verstoß gegen das sogenannte Schmiergeldverbot wurde von der Arbeitgeberin des Wasserbaumeisters mit einer außerordentlichen Kündigung beantwortet. Hilfsweise wurde eine ordentliche Kündigung ausgesprochen.

Da mit dem Vorgesetzten ein Stillhalteabkommen vereinbart wurde, ist nach Ansicht der Arbeitgeberin nicht von einem zukünftig vertrags- und gesetzestreuen Verhalten des Wasserbaumeisters auszugehen. Eine Abmahnung sei deshalb nicht zweckmäßig.

Die Arbeitgeberin informierte die Mitarbeiter schriftlich darüber, dass die Annahme von Geldgeschenken in jeglicher Höhe verboten ist. Der Wasserbaumeister nahm zusätzlich an einem Seminar für „Beschäftigte in besonders korruptionsgefährdeten Gebieten“ teil.

Eine außerordentliche Kündigung muss mit einer Interessenabwägung einhergehen. Die außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn nach einer umfassenden Interessenabwägung das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Bestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. In die Interessenabwägung sind Gewicht und Auswirkung des Vertragsverstoßes einzubeziehen. Ebenso sind die Länge des Arbeitsverhältnisses und dessen ungestörter Verlauf, eine Wiederholungsgefahr sowie der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Der Wasserbaumeister legte eine Kündigungsschutzklage ein. Der Kündigungsschutzklage wurde in der ersten Instanz vom Arbeitsgericht Köln in vollem Umfang stattgegeben. Die Arbeitgeberin begehrte vor dem Landesarbeitsgericht Köln weiterhin, die Kündigungsschutzklage abzuweisen und beantragt hilfsweise die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer angemessenen Abfindung.

Die Interessenabwägung spricht nach der Einschätzung des Landesarbeitsgerichte Köln für den Wasserbaumeister.

Das Verhalten des Wasserbaumeisters stellt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichtes eine schwere Vertragsverletzung dar, die als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich um einen einmaligen Verstoß gegen das Korruptionsverbot handelt. Über den Sachverhalt hatte der Wasserbaumeister seinen Vorgesetzten informiert.

Entlastend wirkte auch, dass der Wasserbaumeister bereits über 30 Jahre ohne Abmahnung beschäftigt ist.

Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung ist unwirksam, da der Wasserbaumeister als Angestellter im öffentlichen Dienst ordentlich nicht kündbar ist. Der hilfsweise gestellte Antrag der Arbeitgeberin zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist ebenfalls unwirksam. Nur der Arbeitnehmer kann im Falle einer außerordentlichen Kündigung einen Auflösungsantrag gegen Zahlung einer Abfindung stellen.

Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen.