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Befristetes Arbeitsverhältnis – Feststellungsklage der Arbeitgeberin unzulässig

Feststellungsklage der Arbeitgeberin zur Befristung unzulässig

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.02.2017, Aktenzeichen 7 AZR 153/15

Eine Feststellungsklage der Arbeitgeberin ist dann unzulässig, wenn die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages oder Eintritt oder Zweckerreichung einer Zweckbefristung geklärt werden sollen.

Eine schwerbehinderte Krankenschwester, mit einem Behinderungsgrad von 50% war seit Oktober 1980 in einem Krankenhaus beschäftigt. Die Arbeitgeberin teilte der Krankenschwester mit, ihr Arbeitsverhältnis werde am 30. Juni 2014 enden, weil sie wegen ihrer Schwerbehinderung ab 1. Juli 2014 eine ungekürzte Altersrente beziehen könne. Die Krankenschwester erwiderte in einem Schreiben, ihr Dienstverhältnis bestehe bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 30. November 2016 fort. Sie werde erst zu diesem Zeitpunkt einen Rentenantrag stellen.

Die Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, sie habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am 30. Juni 2014 geendet habe. Um eine verlässliche Personalplanung zu gewährleisten und wegen des Risikos des Annahmeverzuges sei es ihr nicht zumutbar, eine Befristungskontrollklage der Krankenschwester abzuwarten.
Eine ungekürzte Altersrente für schwerbehinderte Personen sei eine abschlagsfreie Regelaltersrente im Sinne von § 19 Absatz 3 AVR (Arbeitsvertragsrichtlinien).

Die Arbeitgeberin beantragte beim Arbeitsgericht die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis am 30. Juni 2014 geendet habe. Die Krankenschwester argumentierte, dem Begriff Regelaltersgrenze komme in der AVR die gleiche Bedeutung zu wie vom Gesetzgeber vorgesehen. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen Regelaltersrente und sonstigen Altersrenten. Andernfalls sei der § 19 Absatz 3 AVR wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung wegen Behinderung unwirksam.

Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitgeberin ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung der Arbeitgeberin zurück. Mit ihrer Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgte die Arbeitgeberin ihren Antrag weiter.

Das BAG entschied, die Klage sei zu recht von den Vorinstanzen abgewiesen worden. Die Klage sei unzulässig. Eine Feststellungsklage der Arbeitgeberin, mit der die Wirksamkeit der Befristung oder im Falle einer Zweckbefristung den Eintritt oder Zeitpunkt der Zweckerreichung geklärt werden soll, sei unzulässig. Das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) sieht dafür in § 17 Satz 1 die Möglichkeit der Befristungskontrollklage vor, die ausschließlich für den Arbeitnehmer eröffnet ist. Daneben bestehe kein Raum für eine allgemeine Feststellungsklage der Arbeitgeberin nach § 256 Absatz 1 ZPO (Zivilprozessordnung).

Ein Arbeitnehmer muss drei Wochen nach dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist, falls er geltend mache will, die Befristung des Arbeitsvertrages sei unwirksam. Streitgegenstand einer Befristungskontrollklage nach § 17 Satz 1 TzBfG ist nicht nur die Wirksamkeit der Befristung, sondern im Falle der Zweckbefristung auch der Streit über den Eintritt der Zweckerreichung und den vorgesehenen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Im Falle einer Kalenderbefristung zu einem festgelegten Datum bestehe in der Regel kein Streit über das Befristungsende, sondern nur über die Wirksamkeit der Befristung. Die Klagefrist von drei Wochen soll die Interessen der Arbeitgeberin und des Rechtsverkehrs nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schützen und sei auch bei einem Streit über den vorgesehenen Beendigungszeitpunkt anzuwenden. Der Beendigungszeitpunkt könne in der Regel mit der Beurteilung der Wirksamkeit der Befristungsabrede verknüpft werden. Bei Altersgrenzen könne eine einschränkende Auslegung zur Wirksamkeit der Befristungsabrede geboten sein. Die Wirksamkeit der Befristungsabrede und der in ihr vorgesehene Beendigungszeitpunkt könnten daher nicht unabhängig voneinander beurteilt werden. Wegen dieses untrennbaren Zusammenhangs seien beide Fragen Gegenstand einer Befristungskontrollklage.

Der § 17 TzBfG stelle eine abschließende Regelung für Streitigkeiten über die Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses dar. Die Vorschrift schließe eine allgemeine Feststellungsklage aus. Die Befristungskontrollklage wurde vom Gesetzgeber vom § 256 Absatz 1 ZPO gelöst und in § 17 Satz 1 TzBfG gesondert geregelt. Damit sei zum Ausdruck gebracht, die Zulässigkeit einer Klage zur Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin regele sich ausschließlich nach § 17 Satz 1 TzBfG. Nur ein Arbeitnehmer könne nach § 17 Satz 1 TzBfG eine Befristungskontrollklage erheben. Damit sei eine Klage der Arbeitgeberin zum Zweck der Feststellung ausgeschlossen, das Arbeitsverhältnis habe zu einem bestimmten Zeitpunkt geendet.

Die Interessen der Arbeitgeberin würden durch die Klagefrist in § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt. Dieser Regelung sei die gesetzgeberische Wertung zu entnehmen, dass es keinem weitergehenden Schutz der Arbeitgeberin bedarf. Eine vorzeitige Feststellungsklage der Arbeitgeberin sei mit dieser Wertung nicht vereinbar.

Ein Nebeneinander von Befristungskontrollklage und allgemeiner Feststellungsklage könne zu Widersprüchen führen. Es wäre unklar, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der vereinbarten Befristung geendet habe, falls die auf Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete allgemeine Feststellungsklage der Arbeitgeberin rechtskräftig abgewiesen werde und der Arbeitnehmer die Klagefrist verstreichen lasse mit der Folge, dass die Befristung nach § 17 Satz 2 TzBfG und § 7 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) als wirksam gilt.

Eine Klage der Arbeitgeberin zur Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme nur dann in Betracht, wenn zwischen den Parteien die Befristung streitig sei. Die Arbeitgeberin könne eine allgemeine Feststellungsklage erheben, um klären zu lassen, ob eine Befristung vereinbart sei. Das Feststellungsinteresse dafür bestehe, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarte Befristung verneine.

Nach den vorhergehenden Betrachtungen ist die vorliegende Feststellungsklage der Arbeitgeberin unzulässig. Ob das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2014 geendet hat, sei im Rahmen einer Befristungskontrollklage zu klären.