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Außerdienstliche Betriebsratstätigkeit – Vergütung

Vergütung Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.09.2018, Aktenzeichen 7 AZR 829/16

Findet Betriebsratstätigkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit statt, ist nur die Anzahl von Zeitstunden zu vergüten, die tatsächlich aufgewendet wurden.

Ein Rettungssanitäter arbeitete in Arbeitsschichten von jeweils 12 Stunden. Er war als nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied tätig. Im Zeitraum Februar 2014 bis Juli 2015 nahm er an insgesamt 16 Betriebsratssitzungen von jeweils 8 Stunden außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit teil. Die Arbeitgeberin gewährte ihm eine Zeitgutschrift von jeweils 8 Stunden. Fand hingegen eine Betriebsratssitzung während der persönlichen Arbeitszeit eines Betriebsratsmitgliedes statt, musste er keine weitere Arbeitsleistung an diesem 12-Stunden Arbeitstag erbringen, da ein sinnvoller Einsatz in den verbleibenden 4 Stunden nicht möglich sei.

Vor dem Arbeitsgericht machte der Rettungssanitäter eine zusätzliche Zeitgutschrift von 4 Stunden je Betriebsratssitzung geltend. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm je Betriebsratssitzung 12 Stunden gutzuschreiben. Es sei zu berücksichtigen, dass seine regelmäßige tägliche Arbeitszeit einschließlich Arbeitsbereitschaft 12 Stunden beträgt. Da während der Dauer der Betriebsratstätigkeit keine Arbeitsbereitschaft anfalle, entspreche eine arbeitstägliche Betriebsratstätigkeit von acht Stunden der im Rettungsdienst durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft ausgedehnten Zwölf-Stunden-Arbeitsschicht. Rettungssanitätern, die während der Arbeitszeit an Betriebsratssitzungen teilnehmen, werde eine zwölfstündige Zeitgutschrift gewährt, obwohl sie nach der Sitzung nicht zur Arbeit herangezogen würden. Nehmen Rettungssanitäter und Rettungsassistenten an achtstündigen schulischen Fortbildungen teil, werde ebenfalls eine zwölfstündige Zeitgutschrift gewährt.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung des Rettungssanitäters wies das Landesarbeitsgericht (LAG) zurück. Vor dem Bundesarbeitsgericht verfolgte er seine Klage weiter. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, die Klage sei unbegründet, die Vorinstanzen hätten die Klage zurecht abgewiesen. Der Rettungssanitäter habe keinen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin 64 zusätzliche Stunden als auszugleichende Freizeit in sein Arbeitszeitkonto einstellt.

Ein Betriebsratsmitglied habe nach § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz), zum Ausgleich für die Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Kann die Arbeitsbefreiung nicht vor Ablauf eines Monats gewährt werden, sei die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

Die Betriebsratstätigkeit sei keine zu vergütende Arbeitsleistung. Es gelte das Lohnausfallprinzip. Freizeitausgleich für außerhalb der Arbeitszeit erfolgte Betriebsratstätigkeit betreffe lediglich die Folgen einer aus betriebsbedingten Gründen notwendigen Abweichung von dem Grundsatz, dass Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat.

Die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet, dem Rettungssanitäter Arbeitsbefreiung im Umfang von jeweils weiteren vier Stunden zu gewähren. Der Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts wegen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erbrachter Betriebsratstätigkeit bestehe nach § 37 Absatz 3 Satz 1 BetrVG in dem zeitlichen Umfang, in dem das Betriebsratsmitglied außerhalb der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten wahrgenommen hat. Das Betriebsratsmitglied habe Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die außerhalb der persönlichen Arbeitszeit wahrgenommen wurde. Die Dauer der Arbeitsbefreiung muss der Dauer der Betriebsratstätigkeit entsprechen. Die Höhe des Freizeitausgleichsanspruches bestehe unabhängig von der Dauer der üblichen Arbeitszeit und deren vergütungsmäßiger Betrachtung.

Für Betriebsratstätigkeit während der Freizeit bestehe kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Der Anspruch bestehe vielmehr in Form eines Ausgleichs, indem an einem anderen Arbeitstag bezahlte Arbeitsbefreiung in entsprechendem Umfang gewährt wird. Es handele sich um ein zeitlich verschobenes Arbeitsentgelt für eine Betriebsratstätigkeit, die nur infolge eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands in die Freizeit verlegt worden ist. Nach der Gesamtkonzeption des Betriebsverfassungsgesetzes bestehe grundsätzlich kein Entgeltanspruch für die von Betriebsratsmitgliedern erbrachten Freizeitopfer nach dem Prinzip des Ehrenamtes.  Mit dem Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot sei es nicht vereinbar, dass Betriebsratsmitglieder durch ihre Betriebsratstätigkeit zusätzliche Vergütungsansprüche erwerben. Daraus resultiere, dass der außerhalb der persönlichen Arbeitszeit erworbene Anspruch auf Freizeitausgleich, nicht grösser sein kann, als die tatsächlich aufgewendete Zeit.

Betriebsratsmitglieder, die während der Arbeitszeit für die achtstündige Betriebsratstätigkeit eine zwölfstündige Gutschrift auf ihr Arbeitszeitkonto erhalten, könnten nicht zu einem Vergleich nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz für die Betrachtung des Freizeitausgleichs herangezogen werden, da sie sich nicht in einer vergleichbaren Lage außerhalb der persönlichen Arbeitszeit befänden. Die Arbeitgeberin sei zur Vergütung der zusätzlichen 4 Arbeitsstunden in Form einer Zeitgutschrift verpflichtet, falls sie deren Arbeitsleistung nicht in Anspruch nehme, weil ein sinnvoller Arbeitseinsatz in den verbleibenden 4 Stunden nicht möglich ist. Außerhalb der Arbeitszeit bestehe keine Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, Arbeitsleistung über die Zeit der Betriebsratstätigkeit hinaus zu erbringen, auf deren Entgegennahme die Arbeitgeberin, basierend auf von ihr zu vertretenden Gründen, verzichten könnte.

Die Arbeitgeberin benachteilige den Rettungssanitäter nicht, indem sie den zusätzlich begehrten Freizeitausgleich nicht gewährt.