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Zielvereinbarung – Billiges Ermessen für Leistungsbonus

Billiges Ermessen für Leistungsbonus im Rahmen einer Zielvereinbarung

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.10.2022, Aktenzeichen 10 AZR 729/19

Ein auf Null festgesetzter Leistungsbonus bei einem negativen Ergebnis der maßgeblichen betrieblichen Einheit im Rahmen normaler Schwankungsbreiten widerspricht häufig billigem Ermessen.

Ein medizinischer Direktor war in einem deutschen pharmazeutischen Unternehmen tätig. Das Unternehmen unterhält in Deutschland zwei Standorte und ist Bestandteil einer internationalen Konzerngruppe.

Dem medizinischen Direktor wurde zum Beginn seiner Tätigkeit für das Unternehmen im Jahr 2007 ein Zielbonus von 20% des Jahresgehalts zugesagt. Einzelheiten wurden in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Als Basis für den Zielbonus musste eine Zielvereinbarung mit dem Mitarbeiter abgeschlossen werden. Geschäftsziele und individuelle Leistung fließen in die Berechnung der Bonuszahlung ein.

In den Jahren 2008 bis 2016 erhielt der medizinische Direktor jeweils einen Bonus.

Der Geschäftsbereich in dem der medizinische Direktor tätig war erfüllte im Jahr 2017 seine Ziele mit 95,5%. Kein Arbeitnehmer erhielt im Jahr 2017 einen Bonus, mit der Begründung, der Gesamtkonzern habe seine Ziele nicht erfüllt.

Im ersten Quartal 2018 machte der medizinische Direktor seinen Anspruch auf Bonuszahlungen für das Jahr 2017 gegen die Arbeitgeberin geltend. Er habe im Jahr 2017 ebenso erfolgreich gearbeitet wie im Vorjahr.

Er bestritt mit Nichtwissen, dass das variable Vergütungssystem der Arbeitgeberin auf einem weltweiten Bonussystem basiere und dass bei der Berechnung der Geschäftszielerreichung seit jeher neben den Zielen des Geschäftsbereichs auch globale Unternehmensziele des Konzerns berücksichtigt worden seien.

Der Bonus ergebe sich aus der Berechnung „Bruttojahresgrundgehalt multipliziert mit dem Zielbonus von 20 % multipliziert mit dem Faktor Geschäftszielerreichung (BPF) von 95,5 % multipliziert mit dem Faktor individuelle Leistungen (IPF) von 130 %“. Der für die Geschäftszielerreichung maßgebliche BPF sei begrenzt auf den Geschäftsbereich zu ermitteln, in dem der medizinische Direktor tätig gewesen sei. Ein Bezug zum Ergebnis des Gesamtkonzerns sei nicht gegeben.

Für die individuelle Leistung des medizinischen Direktors sei ein IPF von 130 % anzusetzen. Da er im Jahr 2017 ebenso erfolgreich gearbeitet habe wie im Vorjahr, sei seine individuelle Leistung erneut mit 130 % zu bewerten. Die Arbeitgeberin könne nicht „nach unten“ abweichen, weil dem medizinischen Direktor im Arbeitszeugnis und damit auch für das Jahr 2017 überdurchschnittliche Leistungen bescheinigt worden seien. Jedenfalls sei kein Raum für eine Ersatzleistungsbestimmung. Die Arbeitgeberin habe es vereitelt, den individuellen Faktor (IPF) festzulegen. Es handle sich damit um eine vergleichbare Situation wie bei einer unterbliebenen Zielvereinbarung. In diesem Fall sei die Arbeitgeberin verpflichtet Schadensersatz zu leisten.

Die Arbeitgeberin machte geltend, ihr variables Vergütungssystem beruhe auf einem weltweiten Bonussystem. Seit jeher seien globale Unternehmensziele und Ziele des jeweiligen Geschäftsbereichs berücksichtigt worden. Bei den konzernweiten und den geschäftsbereichsspezifischen Zielen habe jeweils ein Schwellenwert von 80 % erreicht werden müssen. Sonst sei ein Wert von „Null“ anzusetzen.

Der Konzern habe im Jahr 2017 durch einen operativen Verlust insgesamt nur 78,3% des gesteckten Zieles erreicht und blieb damit unter dem Schwellenwert von 80%, ab dem Bonuszahlungen überhaupt möglich seien. Untererfüllung von mehr als 20 % indiziere einen irregulären Geschäftsverlauf. Es entspreche der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass ein Leistungsbonus bei besonders gewichtigen, außergewöhnlichen Umständen auf „Null“ festgesetzt werden könne, auch wenn der Arbeitnehmer seine vereinbarten persönlichen Ziele erreicht habe.

Das Arbeitsgericht wies den Antrag in der Hauptsache ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte der Klage stattgegeben und ließ die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) zu.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dem medizinischen Direktor ein Bonusanspruch nicht zugesprochen werden.

Für die Annahme, die Betriebsvereinbarung Bonus gelte für das Arbeitsverhältnis, habe das Landesarbeitsgericht keine hinreichenden Tatsachen festgestellt. Zudem habe das Landesarbeitsgericht nicht beachtet, dass der Anspruch auf den Bonus eine individuelle Zielvereinbarung voraussetzt. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Festsetzung des Bonus unter Auslegung der BV Bonus hält der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist der von der Arbeitgeberin zugrunde gelegte Ansatz von 0 % bei dem globalen Ziel „Gewinn von neuen Generika-Produkteinführungen“ nicht vom billigen Ermessen der Arbeitgeberin gedeckt.

Der Anspruch ergibt sich dem Grund nach aus der Bonuszusage vom 21. September 2007 in Verbindung mit einer ggf. geltenden Betriebsvereinbarung.

Nach der Zusage im Schreiben vom 21. September 2007 hängt der Anspruch auf die variable Vergütung u.a. davon ab, dass die vereinbarten Ziele erreicht wurden. Demnach müssen die zu erreichenden Ziele einvernehmlich festgelegt worden sein. Der Bonus kann deshalb nur verdient werden, wenn eine individuelle Zielvereinbarung getroffen worden ist. Wurden die Ziele nicht rechtzeitig vereinbart, scheidet ein Anspruch auf den Bonus als Erfüllungsanspruch aus. Möglich ist ein Anspruch auf Schadensersatz. Dabei handelt sich um einen vom Erfüllungsanspruch abweichenden Streitgegenstand, der nicht Gegenstand der Revision ist.

Das der Arbeitgeberin zukommende billige Ermessen beschränkt sich auf den von der BV Bonus vorgegebenen Rahmen. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts können konzernspezifische Ziele jedoch nicht in die Festsetzung der Geschäftszielerreichung eingehen. Die BV Bonus beschränkt das Leistungsbestimmungsrecht der Arbeitgeberin bei der Festlegung der Geschäftszielerreichung auf geschäftsbereichsspezifische und unternehmensbezogene Ziele. Das ergibt die Auslegung der BV Bonus.

Der Regelungszusammenhang der BV Bonus sowie ihr Sinn und Zweck sprechen dafür, dass im Rahmen des billigen Ermessens bei der Festsetzung der Geschäftszielerreichung nur Ziele berücksichtigt werden können, die sich auf die Organisationseinheit innerhalb des Konzerns beziehen, der der bonusberechtigte Arbeitnehmer angehört. Das kann ein Geschäftsbereich, aber auch ein Unternehmen sein. Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin erlaubt die in Nr. II Ziff. 1 BV Bonus gewählte Formulierung nicht, dass Ziele berücksichtigt werden können, die den Konzern insgesamt betreffen.

Bezugspunkt der Geschäftsziele sind die verschiedenen Bereiche der Konzern-Gruppe. Daraus ergibt sich, dass die Geschäftsziele auf organisatorische Einheiten des Konzerns bezogen sind.

An der Regelung der persönlichen Ziele in der BV Bonus wird deutlich, dass sich die Unternehmensziele auf die einzelnen Organisationseinheiten beziehen. Dort ist vorgesehen, dass die persönlichen Ziele auf der Grundlage der konkreten Ziele der Organisationseinheiten, die von den strategischen Zielen des Unternehmens heruntergebrochen werden, zu vereinbaren sind.

Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin und des Landesarbeitsgerichts kann der BV Bonus nicht entnommen werden, dass konzernbezogene Ziele herangezogen werden dürfen, um die Geschäftszielerreichung zu bestimmen.

Da die Auslegung der BV Bonus nach ihrem Regelungszusammenhang sowie unter Beachtung von Sinn und Zweck zu einem eindeutigen Ergebnis führt, kommt es nicht mehr darauf an, wie die Betriebsvereinbarungen zu der variablen Vergütung in der Vergangenheit gehandhabt wurden.

Die Festsetzung der Geschäftszielerreichung durch die Arbeitgeberin auf „Null“ wegen der wirtschaftlichen Situation des Konzerns widerspricht billigem Ermessen.

Die Festlegung der Geschäftsziele liegt zunächst im billigen Ermessen der Arbeitgeberin. Sie ist aber nicht völlig frei darin, wie sie die Geschäftszielerreichung (BPF) festlegt. Das von ihr auszuübende billige Ermessen wird durch die Betriebsvereinbarung vorgegeben. Konzernspezifische Ziele können nicht in die Berechnung des BPF eingehen. Die BV Bonus beschränkt das Leistungsbestimmungsrecht der Arbeitgeberin bei der Festlegung der Geschäftszielerreichung auf geschäftsbereichsspezifische und unternehmensbezogene Ziele. Eine einheitliche Bestimmung des Parameters „Geschäftszielerreichung (BPF)“ lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.

Betriebsvereinbarungen sollen die Verhältnisse im Betrieb regeln und nicht Rechtssätze für eine unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Fallgestaltungen schaffen. Deshalb sind sie betriebsbezogen auszulegen. Abzustellen ist auf das Verständnis im Betrieb.

Der Regelungszusammenhang der BV Bonus sowie ihr Sinn und Zweck sprechen dafür, dass im Rahmen des billigen Ermessens bei der Festsetzung der Geschäftszielerreichung nur Ziele berücksichtigt werden können, die sich auf die Organisationseinheit innerhalb des Konzerns beziehen, der der bonusberechtigte Arbeitnehmer angehört. Das kann ein Geschäftsbereich, aber auch ein Unternehmen sein.

An der Regelung der persönlichen Ziele in der BV Bonus wird deutlich, dass sich die Unternehmensziele auf die einzelnen Organisationseinheiten beziehen. Dort ist vorgesehen, dass die persönlichen Ziele auf der Grundlage der konkreten Ziele der Organisationseinheiten, die von den strategischen Zielen des Unternehmens heruntergebrochen werden, zu vereinbaren sind.

Mit Blick auf den Zweck, den die Betriebsparteien mit der BV Bonus verfolgen, können nur Geschäftsziele von Bedeutung sein, die sich auf die einzelne Einheit beziehen, der der bonusberechtigte Arbeitnehmer angehört.

Mit der BV Bonus bezwecken die Betriebsparteien nach der Präambel, eine positive Entwicklung des Unternehmens und den Einsatz der Mitarbeiter für das Unternehmen zu honorieren. Diesen Zwecken liefe es zuwider, Ziele festzulegen, zu deren Erreichen der einzelne Arbeitnehmer nichts beitragen kann, weil er außerhalb der maßgeblichen Einheit steht.

Mit einer Befugnis, unternehmensweite Ziele festzulegen, sind konzernweite Ziele schon begrifflich nicht erfasst.

Der BV Bonus kann nicht entnommen werden, dass konzernbezogene Ziele herangezogen werden dürfen, um die Geschäftszielerreichung zu bestimmen.

Der bloße Umstand, dass ein konzernweit angewandtes Rechenwerk übernommen wird, genügt nicht, um den Konzernbezug der Betriebsvereinbarung, insbesondere bei den Geschäftszielen, zu begründen.

Soweit das Landesarbeitsgericht den Konzernbezug darauf stützt, die Arbeitgeberin sei Teil eines internationalen Konzerns und durch Gewinnabführungsverträge an die Konzernmutter gebunden, finden diese Gesichtspunkte in der Betriebsvereinbarung keinen hinreichenden Niederschlag.

Die BV Bonus formuliert in ihrer Präambel das Ziel, den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens auszubauen und den Einsatz der Mitarbeiter für das Unternehmen wertzuschätzen. Damit stellen die Betriebsparteien schon zu Beginn des Normwerks klar, dass mit der variablen Vergütung zwei Aspekten Rechnung getragen werden soll: dem Erfolg des Unternehmens insgesamt und dem individuellen Beitrag der Arbeitnehmer hierzu. Entsprechend ist in der BV Bonus formuliert, dass in den Zielvereinbarungen die Geschäftsziele des Unternehmens und die individuellen Fähigkeiten in Einklang gebracht werden sollen. Danach gehen die persönlichen Ziele von den strategischen Zielen des Unternehmens aus.

Obwohl die BV Bonus damit in weiten Zügen unternehmensbezogen ausgerichtet ist, stellt sie auch auf andere Organisationseinheiten ab. So sind etwa die persönlichen Ziele auf der Grundlage der konkreten Ziele der Organisationseinheiten zu vereinbaren.

Die grundsätzliche Ausrichtung auf das Unternehmen ist mit Blick auf die mit der BV Bonus geregelte Leistung konsequent. Die Betriebsvereinbarung betrifft eine Leistung, die durch die Vertragsarbeitgeberin gewährt wird. Es handelt sich nicht um eine Leistung der Konzernobergesellschaft.

Ebenso wenig handelt es sich um eine Leistung des jeweiligen Geschäftsbereichs. Die Geschäftsbereiche sind als bloße Organisationseinheiten nicht Schuldner der zugesagten Leistung. Schuldnerin ist vielmehr die Vertragsarbeitgeberin als das Unternehmen. Deshalb ist es nachvollziehbar und in sich stimmig, dass die BV Bonus im Grundsatz auf das Unternehmen ausgerichtet ist. Dem steht nicht entgegen, wenn für einzelne Ziele auf Einheiten des Unternehmens abgestellt wird.

Da die Auslegung der BV Bonus nach ihrem Regelungszusammenhang sowie unter Beachtung von Sinn und Zweck zu einem eindeutigen Ergebnis führt, kommt es nicht mehr darauf an, wie die Betriebsvereinbarungen zu der variablen Vergütung in der Vergangenheit gehandhabt wurden.

Die Festsetzung der Geschäftszielerreichung (BPF) auf „Null“ kann nicht mit der schwierigen wirtschaftlichen Situation des Konzerns begründet werden, weil die BV Bonus unternehmensbezogen angelegt ist. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens könnte Eingang in die Festsetzung der Geschäftszielerreichung finden. Mit der Ausrichtung der BV Bonus auf das Unternehmen ist es jedoch nicht vereinbar, im Rahmen des billigen Ermessens die wirtschaftliche Lage des Konzerns zu berücksichtigen.

Die Arbeitgeberin hat dieses Ziel mit einem Wert von „Null“ in die Ermittlung der Geschäftszielerreichung eingestellt. Rechnerisch wurde das Ziel zu 61,3 % erreicht. Die Arbeitgeberin hat nicht dargelegt, dass das Unterschreiten eines bestimmten Schwellenwerts bei den Einzelzielen dazu führt, das Einzelziel mit dem Wert „Null“ in die Bonusberechnung einzustellen. Die besondere Bedeutung, die sie dem gegenüber der Planung deutlich geringeren Umsatz bei Generika-Produkten zugemessen haben will, rechtfertigt es nicht, sich in Widerspruch zu den im April 2017 mit mathematischen Größen festgelegten Zielen und deren Gewichtung zu setzen. Die Festsetzung auf „Null“ entspricht auch deshalb nicht billigem Ermessen, weil mit dem grundsätzlich zulässigen Schwellenwert eine weitere Hürde eingezogen wurde, die den Bonusanspruch vollständig verhindert. Indem die Arbeitgeberin eine deutliche Zielverfehlung doppelt berücksichtigt, wird das Argument der erheblichen wirtschaftlichen Negativentwicklung mehrfach verwendet. In der Konsequenz potenziert sich ein nicht erreichtes Ziel, wenn die Geschäftszielerreichung (BPF) ermittelt wird.

Die Schwelle von 80 % als Mindestvoraussetzung dafür, dass überhaupt ein Bonusanspruch größer „Null“ entsteht, kann in dieser Höhe nicht damit begründet werden, der Schwellenwert stelle eine Minimalzielerreichung sicher und drücke eine gravierende wirtschaftliche Negativentwicklung aus.

Hängt eine variable Vergütung sowohl von der Leistung des Arbeitnehmers als auch von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Zielen ab, sind beide Faktoren bei der Leistungsbestimmung zu berücksichtigen. Die Leistungsbestimmung entspricht in einem solchen Fall regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Hat der Arbeitnehmer die Ziele erreicht, kommt es deshalb nur in Ausnahmefällen in Betracht, einen Bonus auf „Null“ festzusetzen.

Ein auf „Null“ festgesetzter Leistungsbonus bei einem negativen Ergebnis der maßgeblichen Einheit im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten widerspricht häufig billigem Ermessen im Sinne von § 315 Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin bildet der konkret gewählte Schwellenwert von 80 % die Situation der außergewöhnlichen Umstände nicht ab.

Wird der Schwellenwert von 80 % bei den Geschäftszielen nicht erreicht, setzt die Arbeitgeberin die Geschäftszielerreichung (BPF) auf „Null“ fest. Ein solches Vorgehen wäre nur dann mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu vereinbaren, wenn bei einem Unterschreiten des Werts von 80 % bei den konzernbezogenen Zielen von einer außergewöhnlichen Situation auszugehen wäre, die es ausnahmsweise erlaubte, den BPF und im Ergebnis den Bonus auf „Null“ festzusetzen.

Nach dem Vortrag der Arbeitgeberin in der Berufungsbegründung setzt sich die Geschäftszielerreichung (BPF) aus wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Zielen zusammen. Mit Blick auf die Gewichtung gehen wirtschaftliche Ziele zu 77,5 % und nichtwirtschaftliche Ziele im Übrigen – zu 22,5 % – in die Ermittlung der konzernbezogenen Geschäftsziele ein. Es besteht daher die Möglichkeit, dass die Schwelle von 80 % trotz vollständig erreichter wirtschaftlicher Ziele unterschritten wird. Bleiben allein die nichtwirtschaftlichen Ziele größtenteils unerfüllt, führt schon dies dazu, dass der Bonusanspruch „Null“ beträgt. Damit drückt der Schwellenwert entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht zwingend eine „gravierende wirtschaftliche Negativentwicklung“ aus.

Verfehlte nichtwirtschaftliche Ziele können jedenfalls im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände im Sinne der Rechtsprechung des Senats nicht begründen. Solche hat der Senat beispielsweise dann angenommen, wenn der Fortbestand eines durch desaströse Verluste geschwächten Unternehmens – wie in der Bankenkrise 2008/2009 – u.a. mit massiven staatlichen Finanzhilfen gewährleistet wurde, die allein dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft dienten. Dass die einzelnen nichtwirtschaftlichen Ziele diesen Maßstab erreichten, ist nicht zu erkennen.

Das Bundesarbeitsgericht kann in der Sache nicht selbst über den Hauptantrag entscheiden, weil ausreichende Feststellungen fehlen.

Sollte keine Zielvereinbarung getroffen worden sein, ist eine Voraussetzung für den Bonusanspruch nicht gegeben. Ein Erfüllungsanspruch besteht dann nicht. In diesem Fall wird das Landesarbeitsgericht, nachdem es ggf. weiteren Parteivortrag eingeholt hat, klären müssen, ob der medizinische Direktor den stattdessen in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch zum Gegenstand des Rechtsstreits machen will.

Mit Blick darauf, dass der Geschäftsbereich, dem der medizinische Direktor zugeordnet war, seine Ziele zu 95,5 % erreicht hat, ist es nicht entscheidend, ob der Schwellenwert von 80 % jedenfalls bei den geschäftsbereichsbezogenen Zielen wirksam ist.

Das Berufungsurteil wurde aufgehoben. Der Rechtsstreit wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.