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Wahlberechtigung von Matrix-Führungskräften bei der Betriebsratswahl

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.06.2024, Aktenzeichen 3 TaBV 1/24

Amtliche Leitsätze:

1. Eine Matrix-Führungskraft ist regelmäßig (nur) in ihrem “Stammbetrieb”, nämlich dem Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich zur regelmäßigen Arbeitsleistung zugeordnet ist, zum Betriebsrat wahlberechtigt.

2. Die Kriterien, die das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 12. Juni 2019 (BAG, Aktenzeichen 1 ABR 5/18 zur Beurteilung der Frage der Eingliederung von Matrix-Führungskräften in einen Betrieb nach § 99 BetrVG für maßgeblich erachtet, sind wegen der unterschiedlichen Normzwecke nicht vollumfänglich auf die nach § 7 Satz 1 BetrVG vorzunehmende Beurteilung der Wahlberechtigung von Matrix-Führungskräften übertragbar.

Die Arbeitgeberin und der Betriebsrat befinden sich in einem Streit über die Gültigkeit der Betriebsratswahl vom 23. Juni 2022. Am 20. Mai 2022 veröffentlichte der Wahlvorstand die Bekanntmachung der Vorschlagslisten für die Wahl des Betriebsrats im Betrieb Region S., wobei drei Vorschlagslisten fristgerecht eingereicht wurden. In der Wählerliste waren 498 Arbeitnehmer des Betriebs Region S. sowie 128 Führungskräfte aufgeführt. Diese Führungskräfte, die ebenfalls Arbeitnehmer des Betriebs Region S. führen, gehören jedoch zu anderen Betrieben der Arbeitgeberin: 33 zum Betrieb Zentrale, 23 zum Betrieb N., 19 zum Betrieb W. und 53 zum Betrieb M. Sie sind verantwortlich für Mitarbeiter in unterschiedlichen Bereichen, die in verschiedenen Betrieben tätig sind. Die Führungskräfte besitzen jedoch keine eigenständigen Befugnisse zur Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern, zur Erteilung von Abmahnungen, zur Genehmigung von Gehaltserhöhungen oder zur Anordnung neuer Arbeitsaufgaben. Vertragsmäßig sind die Führungskräfte regelmäßig einem bestimmten Standort zugeordnet. Die Arbeitgeberin argumentiert, dass die Betriebsratswahl vom 23. Juni 2022 ungültig sei, da in die Wählerliste Führungskräfte aufgenommen wurden, die nicht dem Betrieb Region S. angehörten. Das Arbeitsgericht erklärte die Betriebsratswahl daraufhin für unwirksam.

Das Landesarbeitsgericht hat die daraufhin vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde zurückgewiesen und die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt.

Das LAG führt dazu aus:

Die Beschwerdekammer stimmt der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts zu, dass lediglich die in der Anlage A1 aufgeführten 498 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen gemäß § 7 Satz 1 BetrVG zur Teilnahme an der Betriebsratswahl am 23. Juni 2022 berechtigt waren. Nicht wahlberechtigt sind hingegen die 128 Führungskräfte, die anderen Betrieben zugeordnet sind und vom Wahlvorstand als wahlberechtigt angesehen wurden. Die Teilnahme dieser nicht wahlberechtigten Arbeitnehmer an der Wahl stellt einen erheblichen Verstoß gegen die Vorschriften des Wahlrechts gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG dar. Da dieser Verstoß nicht behoben wurde, konnte das Wahlergebnis möglicherweise beeinflusst oder geändert werden, weshalb der Wahlanfechtungsantrag der Arbeitgeberin gemäß § 19 BetrVG auch begründet ist.

Betriebsangehörig im Sinne von § 7 Satz 1 BetrVG sind all jene Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen. Arbeitnehmer, die nicht betriebsangehörig sind, haben weder ein Wahlrecht noch können sie gewählt werden; zudem führt ihre Tätigkeit nicht zu einer Erhöhung der Mitgliederzahl im Betriebsrat. Für die Eingliederung in die Betriebsorganisation ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände verrichtet. Der Begriff des Betriebs ist nicht räumlich zu verstehen, sodass die Grenze des Betriebsgrundstücks oder der Betriebsräume nicht das Ende des Betriebsbereichs definiert. Vielmehr gehören auch diejenigen Arbeitnehmer zu einem Betrieb, die außerhalb der Betriebsräume tätig sind. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber durch die Arbeitnehmer den arbeitstechnischen Zweck seines Betriebs verfolgt. Sollte der Arbeitgeber Eigentümer mehrerer Betriebe sein, ist für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung entscheidend, in welchem Betrieb der Arbeitnehmer tatsächlich eingegliedert ist (BAG, 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 – BAGE 94, 144).

Der 1. Senat des Bundesarbeitsgerichts definiert den Begriff der Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dahingehend, dass eine Einstellung vorliegt, wenn eine Person in den Betrieb integriert wird, um gemeinsam mit den bereits beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeiten zu erfüllen. Für die Eingliederung in die Betriebsorganisation ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer seine Arbeiten auf dem Betriebsgelände oder innerhalb der Betriebsräume verrichtet. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber mithilfe des Arbeitnehmers den arbeitstechnischen Zweck des Betriebs verfolgt. Darüber hinaus ist es irrelevant, wie häufig die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlichen Tätigkeiten ausgeführt werden oder wie viel Zeit sie in Anspruch nehmen. Für den Rechtsbegriff der Eingliederung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spielt es ebenfalls keine Rolle, wo die „vertraglichen Angelegenheiten“ des Arbeitnehmers „abgewickelt“ werden, noch ist es notwendig, dass der betreffende Arbeitnehmer einer – in welcher Form auch immer – Bindung an die Weisungen einer im Betrieb tätigen „Führungskraft“ unterliegt (BAG, 22. Oktober 2019 – 1 ABR 13/18 – NZA 2020, 61). Ob eine Führungskraft, die beim Betriebsinhaber angestellt ist und zu einem Vorgesetzten der Arbeitnehmer eines Betriebs ernannt wird, tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird, erfordert eine Gesamteinschätzung aller relevanten Umstände des Einzelfalls. Dabei können die fachlichen Weisungsbefugnisse der Führungskraft berücksichtigt werden, wenn sich aus ihrer Ausübung eine Einbindung in die operativen Aufgaben der dort beschäftigten Arbeitnehmer oder in die Arbeitsprozesse ergibt. Typischerweise wird in solchen Fällen von einer Eingliederung ausgegangen, wenn die Führungskraft regelmäßig mit den im Betrieb tätigen Arbeitnehmern zusammenarbeiten muss, um ihre Aufgaben zu erfüllen, und somit ihre fachlichen Weisungsbefugnisse tatsächlich ausübt; es ist dabei nicht ausschlaggebend, ob es einen zeitlichen Mindestumfang „vor Ort“ gibt. Entscheidend ist zudem nicht, ob der Vorgesetzte über Befugnisse zur Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung von betriebszugehörigen Arbeitnehmern verfügt (BAG, 14. Juni 2022 – 1 ABR 13/21 – NZA 2022, 1414).

Vor dem Hintergrund dieser Grundsätze könnten die strittigen 128 Führungskräfte im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG in den Betrieb Region S. eingegliedert sein. Diese Auffassung entspricht auch dem Rechtsverständnis der Beteiligten, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat bei der Einstellung dieser Führungskräfte in den Betrieb Region S. konsultiert hat.

Jedoch ist dies nach Ansicht der Beschwerdekammer für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Der Begriff der Eingliederung nach § 99 BetrVG muss nicht mit dem Begriff gemäß § 7 Satz 1 BetrVG übereinstimmen. Eine abweichende Auffassung vertritt das LAG Hessen in seinem Urteil vom 22. Januar 2024 (16 TaBV 98/23 – juris), welches argumentiert, dass der Begriff der Eingliederung im Kontext der personellen Mitbestimmung und bezüglich der Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG einheitlich interpretiert werden sollte. Im vorliegenden Fall kann jedoch keine einheitliche Auslegung erfolgen, was sich aus der Interpretation der relevanten Normen, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks, ergibt.

Die Auslegung des Wortlauts erweist sich als wenig aufschlussreich, da § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG von einer „Einstellung“ spricht, während § 7 Satz 1 BetrVG den Begriff „Arbeitnehmer des Betriebs“ verwendet. Die Begriffe „Eingliederung“ nutzen der 1. und der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts lediglich zur präzisen Definition der jeweiligen gesetzlichen Begriffe.

Ein abweichendes Verständnis des Eingliederungsbegriffs im Kontext von § 7 Satz 1 BetrVG im Vergleich zu § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG lässt sich insbesondere durch den Sinn und Zweck der Norm begründen, der sich von dem des § 99 BetrVG unterscheidet.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG ist vor allem auf die Interessen der bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ausgerichtet (BAG, 25. Januar 2005 – 1 ABR 59/03 – BAGE 113, 206). Der Betriebsrat soll die Möglichkeit erhalten, deren Belange unter Berücksichtigung der möglichen Gründe zur Verweigerung der Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG gegen die beabsichtigte Einstellung geltend zu machen. Diese Interessen können auch betroffen sein, wenn Vorgesetztenfunktionen an bisher betriebsfremde Arbeitnehmer vergeben werden (BAG, 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – BAGE 167, 43).

Der Betriebsrat hat die Aufgabe, als Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Betrieb für die Belange der Belegschaft einzutreten. Durch § 7 BetrVG erhalten die Arbeitnehmer die Möglichkeit, die personelle Zusammensetzung ihres Vertretungsorgans zu bestimmen, dessen Interessen der Betriebsrat im Rahmen seiner Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte vertritt. § 7 BetrVG ist im Zusammenhang mit § 9 BetrVG zu betrachten. Letztere Vorschrift sieht eine abgestufte Anzahl von Mitgliedern im Betriebsrat vor, um sicherzustellen, dass deren Zahl in einem angemessenen Verhältnis zur Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer steht, deren Interessen und Rechte der Betriebsrat vertreten soll. Diese Vorgaben zur Betriebsratsgröße, die von der Anzahl der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer abhängen, berücksichtigen den Umstand, dass der Tätigkeitsaufwand des Betriebsrats davon wesentlich beeinflusst wird. Je mehr Arbeit im Betriebsrat anfällt, desto mehr Mitglieder sollte er haben (BAG, 13. März 2013 – 7 ABR 69/11 – NZA 2013, 789).

Ausgehend davon, dass die §§ 7 und 9 BetrVG, wie ausgeführt, das individuelle Interesse der Arbeitnehmer eines Betriebs schützen sollen, indem sie diesen die Möglichkeit geben, geeignete Vertreter für ihr Repräsentationsorgan zu wählen, erscheint es im vorliegenden Fall nicht angemessen, den 128 „Matrix-Führungskräften“ ein Wahlrecht für den Betriebsrat des Betriebs Region S. einzuräumen. Im Betriebsverfassungsgesetz wird der Begriff „Arbeitnehmer“ in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Die Auslegung der jeweiligen Vorschrift, die sich auf die Arbeitnehmer bezieht, sollte orientiert am Zweck der Norm erfolgen (BAG, 5. Dezember 2012 – 7 ABR 48/11 – NZA 2013, 793).

Ein Repräsentationsdefizit ist nicht erkennbar und wird von keiner der Beteiligten geltend gemacht. Der Wahlvorstand hat sich bei der Entscheidung, ob den Matrix-Führungskräften ein Wahlrecht eingeräumt werden soll, ausschließlich auf die Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts zum Eingliederungsbegriff nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG berufen.

Alle Matrix-Führungskräfte sind aufgrund ihrer arbeitsvertraglichen Zuordnung unzweifelhaft in einem der vier anderen Betriebe wahlberechtigt, die von der Arbeitgeberin unterhalten werden. Der jeweilige „Stammbetrieb“ übt regelmäßig das Direktionsrecht über die zugeordneten Matrix-Führungskräfte aus, und von dort aus werden die arbeitsbezogenen Anweisungen erteilt (vgl. BAG, 10. März 2004 – 7 ABR 36/03 – juris; 13. März 1991 – 7 ABR 89/89 – NZA 1992, 223). Dort fallen auch überwiegend die Angelegenheiten an, die gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung unterliegen (vgl. Salamon/Iser, NZA 2023, 200, 203 ff.).

Eine sachliche Rechtfertigung für die Mehrfach-Wahlberechtigungen der Matrix-Führungskräfte ist nicht erkennbar (ähnlich Richardi/Thüsing, BetrVG 17. Aufl. § 7 Rn. 34). Vielmehr steht dem entgegen, dass die von der Arbeitgeberin angeführte Argumentation darauf hinweist, dass solche Mehrfach-Wahlberechtigungen der Matrix-Führungskräfte im Hinblick auf §§ 47 Abs. 7 Satz 1 und 55 Abs. 3 BetrVG zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Mehrfach-Repräsentation im Gesamt- und Konzernbetriebsrat führen würden.

Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Grundkonzeption des Betriebsverfassungsgesetzes (Lingemann/Steinhauser, NZA 2020, 87, 90), die besagt, dass ein Arbeitnehmer einem bestimmten Betrieb und nicht mehreren angehören soll. Zudem spiegelt es das in § 4 Abs. 1 BetrVG geäußerte Ziel wider, eine ortsnahe Interessenvertretung zu fördern (BAG, 26. Mai 2021 – 7 ABR 17/20 – BAGE 175, 104).

Es wird weder dargelegt noch ist ersichtlich, dass aufgrund der Existenz der Matrix-Führungskräfte zusätzlich und in nennenswertem Umfang Betriebsratstätigkeiten, die über die Beteiligung nach § 99 Abs. 1 BetrVG hinausgehen, für den Betriebsrat der Region S. anfallen würden. Für die Berücksichtigung einer solchen nicht konkret fassbaren potenziellen Belastung des Betriebsrats bietet § 9 BetrVG keine Anhaltspunkte (vgl. BAG, 18. Januar 1989 – 7 ABR 21/88 – NZA 1989, 724).

Abschließend spricht auch das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach Praktikabilität und Rechtsklarheit einer Norm, das bei der Auslegung von Gesetzen zu berücksichtigen ist (BAG, 20. März 1996 – 7 ABR 46/95 – BAGE 82, 302), nicht gegen das hier erzielte Ergebnis. Bei der Zuordnung einer Matrix-Führungskraft zu einem Betrieb, samt ihrer aktiven und passiven Wahlberechtigung, kann auf die arbeitsvertragliche Zuordnung zu einem bestimmten Standort zurückgegriffen werden. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Wille der Arbeitsvertragsparteien entscheidend ist, wenn es darum geht, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet wird, insbesondere im Kontext von Betriebsübergängen gemäß § 613a BGB (BAG, 21. Februar 2013 – 8 AZR 877/11 – NZA 2013, 617; Mückl, DB 2015, 2695, 2696).

Die Argumentation des Landesarbeitsgerichts Hessen (22. Januar 2024 – 16 TaBV 98/23 – juris), dass es der Rechtssicherheit dient, diejenigen Arbeitnehmer, für die der aufnehmende Betriebsrat gemäß § 99 BetrVG beteiligt wird, als wahlberechtigt nach § 7 BetrVG zu betrachten, kann von der erkennenden Beschwerdekammer nicht akzeptiert werden. Denn das Verfahren, das die Betriebsparteien im Rahmen von § 99 BetrVG durchlaufen – sei es fehlerfrei oder fehlerhaft – hat keine rechtliche Bindungswirkung für das Wahlverfahren des Betriebsrats. Es obliegt dem Wahlvorstand, mithilfe der Arbeitgeberin die wahlberechtigten Arbeitnehmer zu bestimmen. Zudem ist für das Verfahren nach § 99 BetrVG der Zeitpunkt der Einstellung ausschlaggebend, während für die Wahlberechtigung der Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsratswahl entscheidend ist. In der Zeit dazwischen können sich die relevanten Verhältnisse geändert haben.

Hiermit wird auch den Praktikabilitätsaspekten Rechnung getragen. Im vorliegenden Verfahren vertreten die Beteiligten unterschiedliche Auffassungen darüber, ob den Matrix-Führungskräften identische Befugnisse in Bezug auf die von ihnen geführten Mitarbeiter zustehen. Für einen Wahlvorstand erscheint es kaum machbar, im Rahmen der Gesamtschau, die gemäß der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts zu § 99 BetrVG erforderlich ist, im Einzelfall rechtssicher festzustellen, ob einer Matrix-Führungskraft eine Rechtsstellung zukommt, die eine „Eingliederung“ im Sinne des § 99 BetrVG in den Wahlbetrieb zulässt. Die Situation kann zusätzlich dadurch erschwert werden, dass die betreffenden Führungskräfte wiederum von Führungskräften aus verschiedenen Betrieben geleitet werden. Auch die Frage, ob diese möglicherweise über mehrere Hierarchiestufen hinweg aufgrund ihrer indirekten Führungsaufgaben in den Wahlbetrieb „eingegliedert“ sind, müsste möglicherweise vom Wahlvorstand bei der Erstellung der Wählerliste geklärt werden.

Zusammenfassend sind nach Auffassung der erkennenden Kammer die überzeugenderen Gründe dafürsprechen, einer Führungskraft, die Arbeitnehmer in mehreren Betrieben leitet, das Stimmrecht gemäß § 7 Satz 1 BetrVG ausschließlich in ihrem „Stammbetrieb“ zu gewähren. Dies ist der Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich für ihre regelmäßige Arbeitsleistung zugeordnet ist.

Durch die Zulassung der 128 Matrix-Führungskräfte zur Betriebsratswahl konnte, wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt hat, das Wahlergebnis beeinflusst oder verändert werden (§ 19 Abs. 1 BetrVG). Daher war die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 25. Oktober 2023, unter Berücksichtigung eines Datumsfehlers im Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung, zurückzuweisen. Die umstrittene Betriebsratswahl fand am 23. Juni 2022 (und nicht 2023) statt.