Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist eine einseitige Erklärung einer der beiden Vertragsparteien, durch die das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Die Kündigungserklärung allein bewirkt bereits die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der geltenden Kündigungsfristen. Aufgrund dieser Wirkung der Kündigungserklärung ist eine Rücknahme der Kündigung nicht einseitig möglich. Es bedarf im Falle einer sogenannten Rücknahme der Kündigung der Zustimmung des Gekündigten.
In den nachstehenden Ausführungen haben wir für Sie Wissenswertes zu Kündigungen zusammengefasst. Folgende Themen/ Fragen sind bearbeitet:
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Ich halte eine Kündigung in den Händen – Was sind meine nächsten Schritte?
2.1. Was kann ich gegen die Kündigung unternehmen?
2.3. Welche Besonderheiten gelten bei Einwurf in den Briefkasten?
2.4. Zugang bei Übergabe durch einen Boten?
2.6 Zugang bei Annahme durch eine im Haushalt anwesende Person?
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Unter welchen Voraussetzungen können verspätete Klagen ausnahmsweise zugelassen werden?
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Wann kann ein Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen?
7.1. Fehlverhalten
7.2. Prognose
7.3. Interessenabwägung
7.4. Ultima-ration-Prinzip – oder verhaltensbedingte Kündigung als letztes Mittel
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8.1. Langandauernde Erkrankung
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Wann kann der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen?
1. Definition der Kündigung
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist eine einseitige Erklärung einer der beiden Vertragsparteien, durch die das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Die Kündigungserklärung allein bewirkt bereits die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der geltenden Kündigungsfristen. Aufgrund dieser Wirkung der Kündigungserklärung ist eine Rücknahme der Kündigung nicht einseitig möglich. Es bedarf im Falle einer sogenannten Rücknahme der Kündigung der Zustimmung des Gekündigten.
Bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses kommt es, anders als beim Aufhebungsvertrag, nicht darauf an, ob die jeweils andere Partei mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden ist. Für die Wirksamkeit der Kündigung ist zunächst nur der Zugang der Kündigung bei der anderen Partei erforderlich. Das bedeutet, dass es ausreicht, wenn die Kündigung im Falle einer arbeitgeberseitigen Kündigung beim Arbeitnehmer ankommt.
Das Instrument der Kündigung ist regelmäßig bei Dauerschuldverhältnissen vorgesehen. Es beendet das Vertragsverhältnis für die Zukunft. Nach § 623 BGB bedarf die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses der Schriftform.
2. Ich halte eine Kündigung in den Händen – Was sind meine nächsten Schritte?
Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben, sollten Ihre nächsten (Denk-)Schritte die Folgenden sein:
2.1. Was kann ich gegen die Kündigung unternehmen?
Gegen eine Kündigung können Sie bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes eine Kündigungsschutzklage einreichen. Dafür ist erforderlich, dass Sie binnen drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung die Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben.
§ 4 KSchG – Anrufung des Arbeitsgerichts
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
Wenn Sie diese Frist verstreichen lassen, ist in aller Regel eine sinnbringende Klageerhebung nicht mehr möglich. Mit Ablauf dieser Frist wird nach § 7 KSchG die Kündigung automatisch rechtswirksam.
§ 7 KSchG – Wirksamwerden der Kündigung
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
Mit dieser kurzen Klagefrist möchte der Gesetzgeber erreichen, dass schnell klare Verhältnisse bestehen. Der Arbeitgeber soll darauf vertrauen können, dass ein Arbeitnehmer, der nicht innerhalb einer bestimmten Zeit gegen seine Kündigung vorgeht, dies auch nicht mehr tun kann. Damit wird gewährleistet, dass der Arbeitgeber nach Ablauf einer gewissen Zeit ggf. jemanden neu einstellen oder das durch den Wegfall der Arbeitsstelle ersparte Geld anderweitig verwenden kann, ohne die Konsequenzen eines verlorenen Kündigungsschutzprozesses befürchten zu müssen.
2.2. Wann liegt der Zugang der Kündigung vor? Innerhalb welcher Zeit kann ich eine Kündigungsschutzklage einreichen?
Drei Wochen sind schnell vorbei. Ab welchem Zeitpunkt die Klagefrist zu laufen beginnt, ist daher ganz entscheidend. Gemäß § 4 Abs. 1 KSchG in Verbindung mit §§ 187, 188 BGB beginnt die Frist mit “Zugang der Kündigungserklärung”. Der Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung ist in § 130 BGB geregelt. Danach ist die Erklärung zugegangen, wenn sie dergestalt in Ihren Bereich gelangt ist, dass Sie die Möglichkeit haben, unter normalen Verhältnissen von ihr Kenntnis zu nehmen.
§ 130 BGB – Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden
(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
An diesem von der Rechtsprechung erstellten Grundsatz erkennen Sie, dass Sie nicht tatsächlich von der Kündigung Kenntnis erlangt haben müssen. Es genügt, dass dies möglich und zu erwarten war.
Je nachdem, wie Sie Ihre Kündigung erhalten haben (Briefkasten, Bote, Einschreiben, Annahme durch Dritte) und in welcher besonderen Situation Sie sich unter Umständen befunden haben (Krankenhaus, Urlaub etc.), muss im konkreten Einzelfall geprüft werden, wann Ihre Frist zu laufen begann.
Wenn Sie hierzu Hilfe benötigen, nutzen Sie gerne unser Kontaktformular oder rufen uns gern an unter 030 25 29 98 43.
2.3. Welche Besonderheiten gelten bei Einwurf in den Briefkasten?
Der weitaus häufigste Fall ist der Einwurf in den Briefkasten (durch die Post oder durch einen Boten). In dem Moment, wo die Kündigung in Ihrem Briefkasten liegt und unter Berücksichtigung der ortsüblichen Postzustellzeit mit einer Briefkastenleerung zu rechnen ist, haben Sie in der Regel die Möglichkeit von der Kündigung Kenntnis zu erlangen. Auch wenn Sie persönlich ausschließlich morgens den Briefkasten leeren, so kommt es darauf nicht an. Selbst wenn der Einwurf der Kündigung erst am Nachmittag erfolgt, so ist in der Regel mit einer Kenntnisnahme am frühen Abend zu rechnen (BGH NJW 2008, 843).
2.4. Zugang bei Übergabe durch einen Boten?
Wirft ein Bote Ihnen die Kündigung in den Briefkasten, gilt das oben Gesagte. Wird Ihnen die Kündigung persönlich durch einen Boten übergeben, so ist sie in diesem Moment zugegangen. Denn mit Übergabe haben Sie die Möglichkeit, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dies gilt auch dann, wenn Sie den Kündigungsbrief an sich nehmen, um ihn kurz darauf wieder an den Boten zurückzugeben. Da Sie hätten Kenntnis nehmen können, als Sie die Kündigung in den Händen hielten, wird der Zugang bejaht, auch wenn Sie den Kündigungstext selbst nie gelesen haben oder auch den Brief insgesamt zurück weisen.
2.5. Zugang bei Einschreiben?
Ein Einwurf-Einschreiben gilt an dem Tag als zugegangen, an dem es in Ihren Briefkasten geworfen wurde.
Bei einem Übergabe-Einschreiben verhält es sich anders: Waren Sie nicht anwesend und finden lediglich einen Benachrichtigungsschein in Ihrem Briefkasten, so wird der Zugang in der Regel erst mit Abholung des Briefes bei der Post anzunehmen sein. Hierbei gilt grundsätzlich, dass Sie nicht verpflichtet sind, zur Post zu gehen und den Brief abzuholen. In diesem Fall kann Ihnen nicht unterstellt werden, Sie hätten den Zugang des Schreibens vereitelt.
2.6. Zugang bei Annahme durch eine im Haushalt anwesende Person?
Die Kündigung ist Ihnen in dem Moment zugegangen, in dem unter normalen Umständen mit der Weiterleitung des Kündigungsschreibens an Sie gerechnet werden musste. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn das Schreiben an eine in Ihrem Haushalt anwesende erwachsene Person (bspw. Ehegatte, Haushaltshilfe, WG-Mitbewohner, Familienangehöriger) übergeben wurde.
Dabei kommt es nicht darauf an, wann diese Person Ihnen den Brief weitergegeben hat, sondern nur darauf, wann diese Person Ihnen normalerweise den Brief weitergeben würde. Dabei wird nicht auf Ihre konkreten Gepflogenheiten Rücksicht genommen, sondern ganz allgemein festgestellt, wann dies in der Regel passiert. So wird eine in Ihrem Haushalt lebende Person Ihnen den Brief spätestens am Abend aushändigen, wenn Sie tagsüber abwesend sind. Damit wird unterstellt, dass Ihnen der Brief damit auch am Abend zugeht, auch wenn das tatsächlich nicht so ist.
2.7. Zugang bei Ortsabwesenheit (Urlaub, Krankenhaus, Haft)?
Der Grundsatz, dass die Kündigung dann zugeht, wenn Sie derart in Ihren Machtbereich gelangt, dass Sie unter normalen Umständen von ihr Kenntnis nehmen können, gilt auch, wenn Sie urlaubsbedingt, krankheitsbedingt oder aufgrund Verhaftung ortsabwesend sind und tatsächlich keine Möglichkeit haben, Ihre Post durchzusehen. Mit Einwurf der Kündigung während Ihrer Abwesenheit in Ihren Briefkasten beginnt die Klagefrist zu laufen, so dass Sie unter Umständen nach längerer Abwesenheit mit einer Kündigung konfrontiert sind, gegen die Sie nicht mehr gerichtlich vorgehen können (BAG vom 22.03.2012, 2 AZR 224/11).
Insbesondere bei langen Urlauben, Kuraufenthalten oder wenn Sie bereits mit einer Kündigung rechnen (können), ist es daher ratsam, eine Vertrauensperson mit der regelmäßigen Briefkastenleerung und Durchsicht der Post zu beauftragen. Im Ernstfall können Sie dann aus der Ferne die Kündigung prüfen oder den Auftrag zur Prüfung an einen Anwalt erteilen und verlieren hier keine kostbare Zeit.
Sind Sie unverschuldet gehindert, die Kündigungsschutzklage innerhalb der Klagefrist einzureichen, (z. B. unvorhergesehene Abwesenheit durch Unfall oder Haft oder Urlaub) und haben Sie aufgrund dessen die Klagefrist verpasst, so kann unter Umständen eine Zulassung der verspäteten Klage beantragt werden gemäß § 5 KSchG.
Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Klagefrist bereits abgelaufen ist oder bald ablaufen wird, nehmen Sie gerne Kontakt auf, telefonisch unter 030 25 29 98 43 oder nutzen Sie das Kontaktformular!
3. Unter welchen Voraussetzungen können verspätete Klagen ausnahmsweise zugelassen werden?
Die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ist gesetzlich in § 5 KSchG geregelt.
§ 5 KSchG – Zulassung verspäteter Klagen
(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.
(2) Mit dem Antrag ist die Klageerhebung zu verbinden; ist die Klage bereits eingereicht, so ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen. Der Antrag muss ferner die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen und der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten.
(3) Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig. Nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.
(4) Das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung ist mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden. Das Arbeitsgericht kann das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. In diesem Fall ergeht die Entscheidung durch Zwischenurteil, das wie ein Endurteil angefochten werden kann.
(5) Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung nicht entschieden oder wird ein solcher Antrag erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt, entscheidet hierüber die Kammer des Landesarbeitsgerichts. Absatz 4 gilt entsprechend.
Danach können Sie als Arbeitnehmer die Zulassung der verspäteten Kündigungsschutzklage beantragen, wenn Sie trotz aller nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert waren, die Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Abs. 1 KSchG einzureichen.
Dies ist regelmäßig der Fall, wenn z. B. durch eine Krankheit die Entscheidungsfähigkeit des Arbeitnehmers derart beeinträchtigt ist, dass er objektiv gehindert ist, sein Klagerecht selbst oder durch Dritte auszuüben. Beispielsweise sind hier zu nennen das Koma oder die Unzurechenbarkeit.
Auch der Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage gemäß § 5 KSchG unterliegt einer Frist. Der Antrag kann nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses, jedenfalls aber nur binnen sechs Monaten vom Ende der versäumten Frist an gestellt werden, § 5 Abs. 3 KSchG.
Behebung des Hindernisses beutetet, dass die Frist hierfür in dem Moment anfängt zu laufen, in dem Sie Kenntnis von der Verhinderung der Kündigungsschutzklage erlangen oder nach allgemeinem Sorgfaltsanforderungen erlangen müssten.
Wenn Sie beispielsweise eine Kündigungsschutzklage einreichen und der richtig adressierte, ausreichend frankierte und rechtzeitig abgesandte Brief mit der Klageschrift kommt wider Erwarten nicht an, dann beginnt die Frist für den Antrag auf Zulassung nach § 5 KSchG in dem Moment, wo Sie oder Ihr Anwalt erfahren (haben sollten), dass Ihre Klage nicht bei Gericht eingegangen ist.
Die Frist ist endgültig verstrichen, wenn sechs Monate und drei Wochen seit Zugang Ihrer Kündigung vergangen sind.
Im Falle einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit ist die Antragsstellung gemäß § 5 KSchG möglich, muss aber im Einzelfall beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung ist der Urlaub an sich kein Grund, weshalb man nicht Kenntnis vom Zugang einer Kündigung erlangen sollte (BAG, a.a.O).
Da die nachträgliche Zulassung nur bei äußert schwerwiegenden Verhinderungsgründen greift, sollten Sie alles daran setzen, die Kündigungsschutzklage selbst oder durch einen Dritten innerhalb der regulären Klagefrist einzureichen.
Wenn Sie unsicher sind, ob die Voraussetzungen für eine verspätete Klageerhebung vorliegen, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, telefonisch unter 030 25 29 98 43 oder nutzen Sie das Kontaktformular!
4. Findet das Kündigungsgesetz in meinem Fall Anwendung?
Ob das Kündigungsschutzgesetz in Ihrem Fall anwendbar ist, hängt von der Größe Ihres Betriebes, von der Art und Dauer Ihres Arbeitsverhältnisses und gegebenenfalls von Ihren individualen Vertragsbedingungen ab.
§ 1 KSchG – Sozial ungerechtfertigte Kündigungen
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) …..
§ 23 KSchG – Geltungsbereich
(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschifffahrts-, Binnenschifffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Sie gelten nicht für Seeschiffe und ihre Besatzung.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist folglich,
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dass Sie länger als 6 Monate im Betrieb tätig sind und
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dass grundsätzlich mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb tätig sind.
Die Anzahl der Arbeitnehmer wird nicht pro Kopf gerechnet, sondern ist abhängig vom Beschäftigungsgrad. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer werden gem. § 23 KSchG entsprechend der im Gesetz beschriebenen Staffel berücksichtigt.
Der Gesetzgeber hat mit dieser Ausgestaltung des Kündigungsschutzgesetzes zwei Prämissen gesetzt. Zum einen möchte er Arbeitnehmer vornehmlich dann schützen, wenn deren Arbeitsverhältnisse „lang“ andauern. Die vom Gesetzgeber hierfür gesetzte Untergrenze beträgt 6 Monate. Auf der anderen Seite sollen Arbeitgeber umso schutzwürdiger sein, je kleiner ihr Betrieb ist.
Theoretisch haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes unabhängig von der Größe des Betriebs und der Länge der Beschäftigung vertraglich ab dem 1. Arbeitstag zu vereinbaren.
Realistisch ist die Umsetzung dieser Möglichkeit jedoch nur für Beschäftigte in herausgehobenen Positionen oder für Arbeitnehmer, die von einem anderen Betrieb abgeworben werden. Hier lässt die individuelle Verhandlungsposition bei der Vertragsverhandlung dieses Ergebnis eher zu.
Sofern das Kündigungsschutzgesetz nach diesen Kriterien anzuwenden ist, regelt das Kündigungsschutzgesetz, mit welchen Gründen Arbeitgeber eine fristgerechte Kündigung aussprechen können. Nur wenn diese Gründe die Kündigung rechtfertigen, kann die Kündigung wirksam, d. h. sozial gerechtfertigt sein, § 1 KSchG.
Die soziale Rechtfertigung kann vorliegen, wenn die Kündigung auf Gründe
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in Ihrer Person (personenbedingte Kündigung)
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in Ihrem Verhalten (verhaltensbedingte Kündigung) oder
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durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen (betriebsbedingte Kündigung)
gestützt wird.
5. Ist die Kündigung wirksam?
Ob die Klageerhebung sinnvoll ist, hängt davon ab, ob die Kündigung als wirksam eingeschätzt wird. Anhand einer sorgfältigen umfassenden rechtlichen Prüfung auf Basis der von Ihnen zu diesem Zeitpunkt gegebenen Informationen muss die Kündigung auf alle formellen und materiellen Fehler, insbesondere auf alle in Betracht kommenden Kündigungsgründe hin untersucht werden.
Wenn Sie die Kündigung erhalten haben, kann die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung zu diesem Zeitpunkt schwierig sein. Schwierig, weil Sie möglicherweise zur Prüfung erforderliche Informationen nicht besitzen. Ihr Anwalt wird Ihnen alle erforderlichen Fragen stellen, um die Wirksamkeit zu diesem Zeitpunkt einschätzen zu können. Gemeinsam werden Sie das weitere Vorgehen festlegen.
Wenn Sie dazu Kontakt mit uns aufnehmen wollen, nutzen Sie gerne das Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter 030 25 29 98 43.
6. Welche Arten von Kündigungen gibt es? Wo ist der Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung?
Unterschieden wird zwischen der ordentlichen (fristgemäßen) und der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung. Mit dem Begriff „ordentlich“ wird ausgedrückt, dass es sich um eine fristgemäße Kündigung handelt. Eine außerordentliche Kündigung erfolgt hingegen fristlos.
6.1. Ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Die ordentliche Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist. Welche Kündigungsfrist maßgeblich ist, ergibt sich aus dem Gesetz, einem Tarifvertrag oder dem Arbeitsvertrag. Der Arbeitsvertrag darf dabei die gesetzliche Kündigungsfrist bzw. eine eventuell geltende tarifliche Kündigungsfrist nicht unterschreiten.
Während der Probezeit darf die Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 3 BGB längstens für einen Zeitraum von 6 Monaten auf 2 Wochen verkürzt werden.
§ 622 Abs. 3 BGB
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
§ 622 Abs. 5 BGB regelt, dass die Kündigungsfrist in Aushilfsarbeitsverhältnissen oder bei Arbeitgebern mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmern die Kündigungsfrist ebenfalls verkürzt werden darf.
§ 622 Abs. 5 BGB
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
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wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
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wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.
§ 622 Abs. 6 BGB regelt, dass die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer nicht länger sein darf als die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber.
§ 622 Abs. 6 BGB
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
Wenn ein Arbeitgeber ordentlich kündigt, kommen dafür grundsätzlich drei verschiedene Gründe in Betracht.
Er kann ordentlich
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betriebsbedingt
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verhaltensbedingt oder
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personenbedingt (insbesondere krankheitsbedingt)
kündigen. Für jede dieser verschiedenen Arten der ordentlichen Kündigungen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die Kündigungen entsprechend dem Kündigungsschutzgesetz wirksam sind.
6.2. Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Eine fristlose Kündigung wird auch außerordentliche Kündigung genannt. Die fristlose Kündigung erfolgt ohne Einhalten der vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist. Die fristlose Kündigung ist dann rechtswirksam, wenn dem verständigen Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Im Wortlaut des § 626 BGB heißt es:
§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Wenn aus Sicht eines Arbeitgebers Gründe für eine fristlose Kündigung vorliegen, muss der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb von zwei Wochen aussprechen. Diese Frist beginnt mit dem Moment, wo der Arbeitgeber Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erhält. Nach Ablauf dieser Frist wird unwiderlegbar vermutet, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr unzumutbar ist.
Beispiele für eine fristlose Kündigung können sein:
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Alkoholmissbrauch oder Drogenmissbrauch
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beharrliche Arbeitsverweigerung
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Beleidigung
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Haft
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durch den Arbeitnehmer verschuldetes Manko
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Annahme von Schmiergeldern
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sexuelle Belästigung
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Straftaten in Bezug auf Eigentumsdelikte
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Tätlichkeiten
Die Aufzählung ist weder abschließend noch bedeuten diese Fälle, dass immer eine fristlose Kündigung wirksam wäre. Wenn Sie Fragen hierzu haben, wenden Sie sich gern an uns über unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter 030 25 29 98 43.
7. Wann kann ein Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen?
7.1. Fehlverhalten
Die verhaltensbedingte Kündigung ist regelmäßig auf ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers gestützt. Das Fehlverhalten stellt eine Arbeitsvertragsverletzung dar und muss an sich geeignet sein, die Kündigung zu begründen. Ob dies der Fall ist, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden.
Das Fehlverhalten, also der Kündigungsgrund kann in Form einer
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Leistungsstörung, beispielweise Schlechtleistung oder sonstige Verstöße gegen die Arbeitspflicht,
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Störung der betrieblichen Ordnung, also beispielsweise einer Beleidigung von Arbeitskollegen,
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Störungen im Vertrauensbereich, hier insbesondere Straftaten,
oder der Störung in der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten, wie beispielsweise der verspäteten Krankmeldung
liegen.
Je schwerer das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wiegt und je geringer die Betriebszugehörigkeit, desto eher kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Da es sich um eine Bewertung handelt, können die Beispielangaben unter dem Stichwort fristlose Kündigung – bitte verlinken auch bei der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung greifen. Sie können anstatt einer fristlosen Kündigung die verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen, weil der Verstoß in der Bewertung durch die Gerichte doch nicht als so gravierend angesehen wird, als dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt wäre.
7.2. Prognose
Im Rahmen verhaltensbedingter Leistungsstörungen sind die Kündigungen nur gerechtfertigt, wenn auch in Zukunft mit einem entsprechenden Fehlverhalten gerechnet werden kann. Wer sich also verspätet arbeitsunfähig meldet oder schlechte Arbeit abliefert, kann mit einer Kündigung rechnen, wenn dieses Verhalten auch in Zukunft zu befürchten steht. Daher wird entscheidend sein, ob eine Widerholungsgefahr besteht bzw. ob sich das Ereignis auch künftig weiter belastend auswirkt, BAG 10.09.2009, 2 AZR 257/08.
Beruht die Pflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers ist deswegen vor Ausspruch der Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung zu erteilen. Man geht davon aus, dass steuerbares Verhalten, also beispielsweise zu spät zur Arbeit zu erscheinen, positiv durch die Abmahnung beeinflusst wird.
Abmahnung
Die Abmahnung kann formlos – also auch mündlich – erfolgen. Regelmäßig wird die Abmahnung aber schriftlich verfasst sein, um in einem eventuellen späteren Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers nachweisen zu können, dass tatsächlich abgemahnt wurde und welchen Inhalt die Abmahnung konkret hatte.
Nur eine Abmahnung, die die Anforderungen erfüllt, die die Rechtsprechung an sie entwickelt hat, entfaltet im Kündigungsschutzprozess die für den Arbeitgeber gewünschte Wirkung.
Neben der Nachweisfunktion hat die Abmahnung den Zweck, dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten konkret vor Augen zu führen. Er soll in die Lage versetzt sein, sein Fehlverhalten zu erkennen und sich daher künftig anders – vertragsgerecht – zu verhalten.
Des Weiteren soll die Abmahnung dem Arbeitnehmer als Warnung dienen. Ihm soll vor Augen geführt werden, dass ein weiteres entsprechendes Fehlverhalten zu Konsequenzen führen kann. Dem Arbeitnehmer soll folglich bewusst sein, dass eine Kündigung ansteht, wenn er sich weiterhin in gleicher – pflichtwidriger – Weise verhält.
Ist der in der Abmahnung beschriebene Sachverhalt in Teilen oder in Gänze unrichtig, kann der Arbeitnehmer die Herausnahme der Abmahnung aus der Personalakte verlangen und gerichtlich durchsetzen.
Lassen Sie sich ggf. beraten, wenn Sie unsicher sind! Nehmen Sie gern Kontakt mit uns auf über unser Kontaktformular oder rufen Sie uns an unter 030 25 29 98 43.
7.3. Interessenabwägung
Stets ist im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung zu prüfen, ob das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes dem Aufhebungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber überwiegt. Die Entscheidung, auf welche Seite sich die Justitia neigt, hängt von einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ab.
7.4. Ultima- Ratio-Prinzip, oder verhaltensbedingte Kündigung als letztes Mittel
Die Kündigung muss im konkreten Fall auch jeweils das letzte Mittel sein. Sobald das Ziel der Verhaltensänderung sich auch durch eine Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz oder eine Abmahnung erreichen lässt, gehen diese milderen Mittel vor.
Hat der Arbeitnehmer wegen desselben Sachverhalts bereits eine oder mehrere Abmahnungen erhalten, kann die verhaltensbedingte ordentliche Kündigung das letzte Mittel sein, was dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Aufgrund der bereits erteilten Abmahnungen kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass sich das Verhalten des Arbeitnehmers auch in Zukunft nicht ändern wird. In einem solchen Fall kann die verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.
8. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit mein Arbeitgeber mir eine personenbedingte oder krankheitsbedingte Kündigung aussprechen darf?
Nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kann eine Kündigung dann sozial gerechtfertigt sein, wenn sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.
Die personenbedingte Kündigung umfasst zwei Hauptanwendungsfälle:
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die krankheitsbedingte Kündigung
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die Kündigung mangels fehlender Eignung
Die personenbedingte Kündigung zeichnet sich dadurch aus, dass Sie als Arbeitnehmer grundsätzlich weder Ihre Erkrankung noch fehlende Eignung tatsächlich steuern können. Aus diesem Grund wird auch die Abmahnung für entbehrlich gehalten. Sie verfehlt ihren Zweck, weil z. B. die Erkrankung weder planbar noch steuerbar ist. Daher kann die Abmahnung keine Änderung für die Zukunft bewirken.
Die personenbedingte Kündigung ist in unserem Rechtssystem zulässig, weil sich der Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer trennen können soll, der dauerhaft die geschuldete vertragliche Arbeitsleistung nicht erbringt. Was in meiner Praxis immer wieder auf Erstaunen stößt: Eine Kündigung wegen und während einer Erkrankung ist zulässig und sie kann rechtswirksam sein.
Die krankheitsbedingte Kündigung als Unterfall der personenbedingten Kündigung
Die krankheitsbedingte Kündigung kann aufgrund häufiger Kurzerkrankungen oder einer langandauernden Erkrankung ausgesprochen werden.
8.1. Langandauernde Erkrankung
Eine langandauernde Erkrankung kann zu einer wirksamen Kündigung führen. Die Kündigung darf aber nur letztes Mittel sein, um die Interessen des Arbeitgebers durchzusetzen.
Vor Ausspruch der Kündigung ist zu prüfen, ob vom Arbeitgeber Überbrückungsmaßnahmen verlangt werden können. Als solche kommen in Betracht z. B. Einstellung von Aushilfskräften, Überstunden anderer Arbeitnehmer oder eine personelle Umorganisation. Erst wenn dies nicht möglich oder nicht mehr zumutbar ist, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
Dies ist dann anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs aufgrund der objektiven Umstände mit einer Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit zu rechnen ist und gerade diese Ungewissheit zu unzumutbaren – betrieblichen und/ oder wirtschaftlichen Belastungen führt, BAG vom 25.11.1982, 2 AZR 140/81.
Aus diesem Zitat wird deutlich, dass der Arbeitgeber eine Gesundheitsprognose vornehmen muss zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung. Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht nur bei eindeutig positiver Gesundheitsprognose, BAG 17.06.1999, 2 AZR 639/98.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 2 Jahre an, müssen Sie als Arbeitnehmer wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen damit rechnen, gekündigt zu werden. Das Bundesarbeitsgericht richtet sich bei dieser zeitlichen Grenze an dem TzBfG aus, was eine Befristung von Aushilfen von 24 Monaten ohne Sachgrund zulässt, BAG 29.04.1999, 2 AZR 431/98. Nach Ablauf der 24 Monate wird grundsätzlich unterstellt, dass der Arbeitnehmer dauerhaft seine geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann und daher die Leistungspflichten im Arbeitsverhältnis nachhaltig gestört sind.
Bei Fragen oder Bedarf der Unterstützung wenden Sie sich gern an uns und nutzen unser Kontaktformular oder rufen uns an unter 030 25 29 98 43.
8.2. Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
Auch häufige Kurzerkrankungen können zu Kündigungen führen. Der Gesetzgeber hat im Entgeltfortzahlungsgesetz festgelegt, dass Fehlzeiten für einen Zeitraum von bis zu 6 Wochen durch den Arbeitgeber hinzunehmen sind. Daraus hat sich eine Rechtsprechung entwickelt, die prüft, ob in der Vergangenheit Fehlzeiten von mehr als 6 Wochen im Jahr auftraten. Ist dies für die letzten zwei bis drei Jahre der Fall, geht das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass der Arbeitgeber annehmen darf, auch in Zukunft mit Erkrankungen in diesem Umfang rechnen zu können.
Ob die Kündigung dann wirksam ist oder nicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In die weitere Bewertung einbezogen werden die Art und die Ursachen der Erkrankungen, das Alter des Arbeitnehmers, die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses sowie die organisatorischen und finanziellen Belastungen des Arbeitgebers. Gerade die finanziellen Belastungen können erheblich sein, da der Arbeitgeber aufgrund der häufigen Kurzerkrankungen während der jeweiligen Erkrankungen immer wieder die Entgeltfortzahlung wird leisten müssen.
Bei Fragen oder Bedarf der Unterstützung wenden Sie sich gern an uns und nutzen unser Kontaktformular oder rufen uns an unter 030 25 29 98 43.
8.3. Personenbedingte Kündigung wegen fehlender Eignung
Der personenbedingte Kündigungsgrund ist auch im Bezug auf die fehlende Eignung rein objektiv. Auch hier ist ein Verschulden nicht Voraussetzung. Eine Kündigung wegen fehlender Eignung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer die Fähigkeit und Eignung verloren (oder nie besessen) hat, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, BAG 28.02.1990, 2 AZR 401/89.
Das Fehlen der vertraglich geforderten Fähigkeit und Eignung ist in vielen Fällen vom Arbeitnehmer nicht oder nicht mehr steuerbar. Er kann es nicht verändern. Daher soll eine Abmahnung in solchen Fällen nicht erforderlich sein, LAG Düsseldorf vom 06.03.1986, 5 Sa 1224/85.
Allerdings sind auch bei der personenbedingten Kündigung aufgrund von fehlender Eignung Konstellationen denkbar, in denen die fehlende Eignung behoben werden könnte. Fehlen beispielsweise Kenntnisse, so könnten diese aufgrund von Schulungen erworben werden. Werden die erforderlichen Kenntnisse aufgrund von Nachlässigkeit des Arbeitnehmers nicht erworben, kann als milderes Mittel zunächst eine Abmahnung auszusprechen sein.
Was können wir für Sie tun? Nehmen Sie gerne Kontakt auf telefonisch unter 030 25 29 98 43 oder nutzen Sie das Kontaktformular.
9. Wann kann der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen?
Bei der betriebsbedingten Kündigung liegen die Ursachen der Kündigung nicht im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers. Vielmehr sind die Gründe, die zur Kündigung führen, im Betrieb selbst zu suchen. Klassischerweise begründen außerbetriebliche Gründe, wie beispielsweise der Umsatzrückgang oder der Auftragsmangel, oder innerbetriebliche Ursachen, wie Rationalisierungen oder Produktionsumstellungen, den Wegfall von Arbeitsplätzen.
Maßgebend für die betriebsbedingte Kündigung ist damit eine unternehmerische Entscheidung. Durch diese unternehmerische Entscheidung wird die Organisation des Betriebs, die Zielsetzung des Betriebs oder die technische Ausstattung bestimmt. Folge einer derartigen Änderung kann es sein, dass der Personalbedarf sinkt.
Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (siehe Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz) kann unter bestimmten Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt und damit wirksam sein:
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung
Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt?
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Wenn der Arbeitsplatz infolge dringender betrieblicher Erfordernisse weggefallen ist,
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wenn keine andere Möglichkeit der Weiterbeschäftigung im Unternehmen gegeben ist,
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wenn bei der Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers die Kriterien der Sozialauswahl ordnungsgemäß berücksichtigt wurden
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Lebensalter,
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Betriebszugehörigkeit,
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Unterhaltspflichten und
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Schwerbehinderung
und
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wenn eine umfassende Interessenabwägung vorgenommen wurde.
Wann sind betriebliche Erfordernisse dringend?
Dringende betriebliche Erfordernisse sind dann gegeben, wenn sich die innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründe unmittelbar auf den Beschäftigungsbedarf auswirken und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Der Arbeitgeber ist gehalten, mildere Mittel als eine Kündigung zu wählen, wenn er damit sein angestrebtes Ziel erreichen kann. Sofern er durch angemessene organisatorische oder technische Mittel der betrieblichen Notwendigkeit Rechnung tragen kann, muss er diese Maßnahmen ergreifen.
Die unternehmerische Entscheidung selbst wird nach der ständigen Rechtsprechung nicht auf ihre Zweckmäßigkeit geprüft. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung organisatorischer, technischer und wirtschaftlicher Unternehmerentscheidungen auf eine gerichtliche Missbrauchskontrolle. Geprüft wird daher nur, ob die unternehmerische Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
Vom Gericht voll nachprüfbar ist, ob eine Unternehmerentscheidung tatsächlich vorliegt und ob durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.
Möchten Sie sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung wehren, müssen Sie innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht erheben (siehe Klagefrist).
Zu welchem Zeitpunkt müssen diese betrieblichen Erfordernisse gegeben sein?
Ebenso wie bei einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung ist auch bei einer betriebsbedingten Kündigung der Zugang der Kündigung der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung. Zu diesem Zeitpunkt müssen die Maßnahmen des Arbeitgebers greifbare Formen angenommen haben. Beispielsweise muss eine Schließung eines Betriebs soweit voran geschritten sein, dass zum Ablauf der Kündigungsfrist kein Bedarf an Beschäftigung mehr besteht. Praktisch bedeutet das für dieses Beispiel, dass die Miet- oder Pachtverträge bereits gekündigt sind, die Versicherungen gekündigt sind und ggf. auch schon Kaufverträge für Betriebsmittel abgeschlossen oder in Verhandlung sind.
Weiterbeschäftigung auf freiem Arbeitsplatz
Aus dem Kündigungsschutzgesetz ergibt sich, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigung prüfen muss, ob eine zumutbare Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist. Da die Beendigungskündigung das letzte Mittel darstellt, muss der Arbeitgeber vorab immer prüfen, ob eine Beschäftigung – auch unter geänderten Bedingungen – möglich ist. Eine Änderungskündigung geht einer Beendigungskündigung immer vor. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein eines entsprechenden freien vergleichbaren oder zumutbaren Arbeitsplatzes.
Ein vergleichbarer Arbeitsplatz ist gegeben, wenn der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts den Arbeitnehmer einseitig, ohne Änderung seines Arbeitsvertrags im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigen kann.
Ist kein vergleichbarer freier Arbeitsplatz vorhanden, so hat der Arbeitgeber weiterhin zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Vertragsbedingungen auf einem freien Arbeitsplatz möglich ist.
Als frei gelten auch solche Arbeitsplätze, die in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist frei werden, sofern dem Arbeitgeber die Überbrückung dieses Zeitraums zumutbar ist.
Wie funktioniert die Sozialauswahl?
Sind mehrere Arbeitnehmer von der betriebsbedingten Kündigung betroffen, so muss der Arbeitgeber die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nach sozialen Gesichtspunkten vornehmen.
Denn trotz Vorliegens von dringenden betrieblichen Erfordernissen ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Sozialauswahl nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Die Kriterien für eine Sozialauswahl sind
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Dauer der Betriebszugehörigkeit,
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Lebensalter,
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Unterhaltspflichten und
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Schwerbehinderung des Arbeitnehmers.
Die Durchführung der Sozialauswahl soll bewirken, denjenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, den die Kündigung im Verhältnis am wenigsten stark treffen würde.
Für die Durchführung der Sozialauswahl ist zunächst der auswahlrelevante Personenkreis zu ermitteln.
Im Betrieb wird die Gruppe der vergleichbaren Arbeitnehmer ermittelt. Welche Arbeitnehmer miteinander vergleichbar sind, richtet sich nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. Demnach müssen die auf den jeweiligen Arbeitsplätzen zu erledigenden Aufgaben identisch oder zumindest vergleichbar sein. Bei Identität ist die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern zu bejahen. Liegt keine vollkommene Übereinstimmung vor, kommt es darauf an, ob die jeweiligen Arbeitnehmer in der Lage sind, die Arbeitsaufgabe des jeweils anderen unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Qualifikation und ohne gesonderte Qualifikation zu übernehmen. Der Austauschbarkeit steht allerdings eine angemessene Einarbeitungszeit nicht entgegen.
Das Bundesarbeitsgericht setzt voraus, dass die Arbeitnehmer gegenseitig austauschbar sein müssen.
Arbeitsvertraglich ist erforderlich, dass der Arbeitgeber den anderen Arbeitsplatz per Direktionsrecht, also per Weisung, zuweisen kann. Sobald eine Änderungskündigung erforderlich wird, entfällt eine Vergleichbarkeit.
Haben Sie Fragen zur Sozialauswahl? Rufen Sie uns an oder nutzen das Kontaktformular.
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10. Meine Kündigung erfolgte per E-Mail und enthält keine Begründung – kann ich meine Kündigung auch unter formalen Aspekten zurück weisen?
Die Kündigung bedarf gemäß § 623 BGB der Schriftform. Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber (oder sein Vertreter unter Nennung des Vertretungsverhältnisses) Ihre Kündigung eigenhändig durch Namensunterschrift unterschreiben muss. Die elektronische Form ist ausgeschlossen, so dass eine Kündigung weder per E-Mail, Fax noch per SMS wirksam zugehen kann, BGH, Urteil vom 30.07.1997 – VIII ZR 244/96; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.01.2004 – 10 SA 475/03, LAG Hamm, Urteil vom 17.08.2007 – 10 Sa 512/07, ArbG Bielefeld, Urteil vom 15.01. 2003 – 3 BV 78/02. Eine Kündigungserklärung, die Ihnen unter Verstoß des Schriftformerfordernisses zugeht, ist nichtig und entfaltet keine Wirksamkeit, § 125 BGB.
§ 623 – Schriftform der Kündigung
Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.
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§ 126 Abs. 1 BGB – Schriftform
Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
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§ 125 BGB- Nichtigkeit wegen Formmangels
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
Die Angabe des Kündigungsgrundes ist hingegen nicht zwingend erforderlich. Ausnahme von diesem Grundsatz sind zum Einen Kündigungen von Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit (§ 22 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz) und zum Anderen die ausnahmsweise von der obersten Landesbehörde für zulässig erklärte Kündigung einer schwangeren Frau (§ 9 Abs. 3 S. 2 Mutterschutzgesetz). Darüber hinaus ist die Angabe des Kündigungsgrundes dann erforderlich, wenn dies im Tarifvertrag geregelt ist, BAG, Urt. v. 27.03.2003 – 2 AZR 173/02.
§ 22 Abs. 1-3 Berufsbildungsgesetz – Kündigung
(1) Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
(2) Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden
1. aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
2. von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen wollen.
(3) Die Kündigung muss schriftlich und in den Fällen des Absatzes 2 unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
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§ 9 Abs. 3 Mutterschutzgesetz – Kündigungsverbot
Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Die Kündigung bedarf der schriftlichen Form und sie muss den zulässigen Kündigungsgrund angeben.
In diesen seltenen Fällen, in denen zwingend ein Grund zu nennen ist, müssen die Kündigungsgründe so genau bezeichnet sein, dass der Kündigungsempfänger deutlich erkennen kann, auf welchen Tatsachen der Entschluss des Kündigenden, das Arbeitsverhältnis zu beenden, beruht.
Darüber hinaus obliegen dem Arbeitgeber je nach konkretem Einzelfall diverse Hinweispflichten. So soll Sie der Arbeitgeber zum Beispiel gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 SGB III darauf hinweisen, dass Sie zur unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit verpflichtet sind. Verstößt Ihr Arbeitgeber gegen diese Hinweispflicht, macht das die Kündigung jedoch nicht unwirksam, BAG, Urteil vom 29. 09. 2005 – 8 AZR 571/04.
11. Ich wurde gekündigt und möchte meine restlichen Urlaubstage bis zu meinem letzten Arbeitstag einlösen – darf ich das?
Nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, soweit er zuvor einmalig die gesetzliche Wartezeit (meist Probezeit) von sechs Monaten eingehalten hat. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer 6-Tage-Woche mindestens 24 Werktage und bei einer 5-Tage-Woche mindestens 20 Werktage. Häufig werden eine darüber liegende Anzahl der Urlaubstage durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag vereinbart.
Durch den Ausspruch einer Kündigung verlieren Sie diesen Urlaubsanspruch selbstverständlich nicht. Insbesondere können die Urlaubstage auf die Zeit der Freistellung zwischen Kündigungszugang und Ende des Arbeitsverhältnisses angerechnet werden. Sollten Ihnen mehr Urlaubstage zustehen, als in der Freistellungszeit angerechnet werden können, so sind die übrigen Urlaubstage finanziell abzugelten.
Im Einzelnen muss geprüft werden, wie viele Urlaubstage Ihnen zustehen, insbesondere ob Sie noch aus dem Vorjahr Urlaub übertragen durften, ob Ihnen in welchem Umfang Teilurlaub zusteht und wie eine Abgeltung erfolgen kann.
Entgegen weitläufiger Meinung dürfen Sie sich als Arbeitnehmer nicht selbstbeurlauben! Der Ausspruch, “Ich nehme mir Urlaub!”, ist insoweit missverständlich. Gesetzlich vorgesehen ist, dass der Arbeitnehmer den Urlaub beantragt und der Arbeitgeber dann den beantragten Urlaubszeitraum festlegt gemäß § 7 BUrlG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber Sie sogar unter Umständen aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn Sie sich selbst beurlauben. Die Selbstbeurlaubung stellt in diesem Zusammenhang zumindest einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB dar (BAG, Urteil vom 29.01.1998, Aktenzeichen 2 AZR 75/99).
§ 7 BUrlG – Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
12. Ich bin leitender Angestellter, Betriebsleiter oder Geschäftsführer – welche Besonderheiten gelten für mich im Kündigungsschutzrecht?
Oft heißt es, dass für leitende Angestellte (inkl. Betriebsleiter und Geschäftsführer) das Arbeitsrecht mit seinen Gesetzen, insbesondere dem Kündigungsschutzrecht nicht anwendbar sei, weil sie keine Arbeitnehmer seien. Das stimmt nicht! Leitende Angestellte sind Arbeitnehmer und für Rechtsstreitigkeiten aus ihrem Vertragsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig. Insbesondere das Kündigungsschutzgesetz ist grundsätzlich auch auf leitende Angestellte anwendbar. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss des § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG, in dem leitende Angestellte nicht von der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes ausgenommen werden. Dies gilt insbesondere auch für angestellte Geschäftsführer, soweit sie keine Sperrminorität oder einen Gesellschaftsanteil von 50 % oder mehr inne haben. Geschäftsführer, die eine derart große Mitbestimmungsmacht haben, werden nicht mehr als Arbeitnehmer, sondern als Unternehmer eingeordnet. Für sie gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht.
§ 14 KSchG – Angestellte in leitender Stellung
(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht
1. in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2. in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.
(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.
Es bestehen jedoch Besonderheiten für leitende Angestellte:
Gemäß § 9 KSchG kann das Gericht bei einem Arbeitnehmer in nicht leitender Position das Arbeitsverhältnis im Prozess über die Kündigung auf Antrag auflösen, wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer nicht zumutbar ist oder wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienstliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen.
§ 9 KSchG – Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts; Abfindung des Arbeitnehmers
(1) Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
Nach § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG bedarf der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung, wenn es sich um einen leitenden Angestellten handelt. Das bedeutet, dass sich Ihr Arbeitgeber gegen eine Abfindungszahlung auch von Ihnen als leitenden Angestellten lösen kann, wenn eine Kündigung sozialwidrig nach § 1 Abs. 2 KSchG ist. Dieser Umstand beeinträchtigt die Verhandlungsposition eines leitenden Angestellten erheblich, wenn über die Wirksamkeit einer Kündigung und gegebenenfalls über eine vergleichsweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhandelt wird. Auch die Höhe der Abfindung im Rahmen des Auflösungsurteils wird durch das Gericht festgesetzt. Häufig haben Gerichte in der Vergangenheit die Abfindungshöhe von einem halben Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr entschieden. Die Höhe hängt jedoch entscheidend von den Umständen Ihres konkreten Falles ab und kann in Einzelfällen erheblich davon abweichen.
Eine weitere Besonderheit ist gemäß § 14 Abs. 2 S.1 KSchG, dass der leitende Angestellte keine Einspruchsmöglichkeit gegen eine Kündigung beim Betriebsrat hat. Für die Belange des leitenden Angestellten ist nämlich nicht der Betriebsrat zuständig.
§ 3 KSchG – Kündigungseinspruch
Hält der Arbeitnehmer eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt, so kann er binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für begründet, so hat er zu versuchen, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Er hat seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen.
Es ist also von erheblicher Relevanz, ob Sie tatsächlich leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sind oder nicht. Unter Umständen werden Sie nur als leitender Angestellter in Ihrem Arbeitsvertrag bezeichnet, ohne dass die dafür zwingend notwendigen Voraussetzungen, die Sie tatsächlich zu einem Angestellten in leitender Stellung machen, gegeben sind. § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG verlangt, dass Sie berechtigt sein müssen, selbständig Arbeitnehmer einzustellen oder zu entlassen. Aufgrund des Vier-Augen-Prinzips und anderen unternehmensinternen Regelungen ist dies jedoch häufig gar nicht der Fall.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie als leitender Angestellter einzustufen sind und welche Konsequenzen sich aus Ihrer Einordnung ergeben, lassen Sie sich beraten! Nehmen Sie gerne Kontakt auf telefonisch unter 030 25 29 98 43 oder nutzen Sie das Kontaktformular!
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