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Versetzung erfordert Zustimmung Betriebsrat

Zustimmung des Betriebsrats bei Versetzung erforderlich

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.04.2017, Aktenzeichen 9 TaBV 78/16

Ein neuer bzw. freier innerbetrieblicher Arbeitsplatz ist auf Verlangen des Betriebsrats innerbetrieblich auszuschreiben, um eine Besetzung mit einem vorher ausgewählten Mitarbeiter zu verhindern.

Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat über den Wechsel eines Mitarbeiters in eine andere Arbeitsgruppe zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen. Die personelle Maßnahme sei vorläufig. Wegen des gestiegenen Arbeitsaufwandes bestehe in der Arbeitsgruppe ein zusätzlicher Personalbedarf. Der Wechsel betreffe 6 Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen, die in der neuen Arbeitsgruppe den Personalbedarf decken sollen. Eine Stellenausschreibung sei nicht möglich, da keine neue und freie Position vorhanden sei, auf die sich andere Mitarbeiter bewerben könnten. Der Mitarbeiter solle lediglich mit seiner eigenen Position in ein anderes Team wechseln.

Der Betriebsrat verweigerte jeweils die Zustimmung zur geplanten Maßnahme, da die Stelle nicht ausgeschrieben worden sei. Der Betriebsrat befürchte zudem, der Mitarbeiter werde durch die Versetzung ungerechtfertigt benachteiligt. Die Schwerbehindertenvertretung habe gegen die von der Arbeitgeberin geplanten Versetzungen Widerspruch erhoben. Die Tätigkeit des Mitarbeiters entspreche weiterhin seinem Personalprofil. Es hätten sich lediglich die prozentualen Anteile der Einzeltätigkeiten geändert. Die Position sei nicht für andere Mitarbeiter geeignet gewesen.

In dem Arbeitsgruppenwechsel liege keine Versetzung. Der Betriebsrat sei nur vorsorglich beteiligt worden. Die bisherige Arbeitsgruppe falle wegen Umstrukturierung weg.

Die Arbeitgeberin beantragte beim Arbeitsgericht, die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung zu ersetzen.

Der Betriebsrat erwiderte im Zurückweisungsantrag, die Stelle hätte ausgeschrieben werden müssen. Durch die Versetzung bestehe die Gefahr, dass in der bisherigen Abteilung eine unverhältnismäßige Arbeitsverdichtung eintrete. Davon gehe auch die Schwerbehindertenvertretung aus. Der Mitarbeiter selbst würde benachteiligt. Es gebe eine Vielzahl anderer Mitarbeiter, die nicht versetzt worden seien.

Das Arbeitsgericht ersetzte die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung. Es handele sich bei der vorläufig durchgeführten Maßnahme um eine Versetzung. Mit der Auflösung der bisherigen Gruppe mit der Zuordnung des Mitarbeiters zu einem neuen Team seien erhebliche Änderungen in der organisatorischen Zugehörigkeit und seiner Tätigkeit verbunden. Der Zustimmungsersetzungsantrag sei jedoch begründet. Dem Betriebsrat stehe keine Zustimmungsverweigerung zu, da die Stelle nicht auszuschreiben gewesen sei. Es sei keine neue Stelle besetzt worden, sondern die vorhandene Stelle einem neuen Team zugewiesen.

Der Betriebsrat legte gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein. Er beantragte, das Urteil des Arbeitsgerichtes abzuändern und den Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen.

Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer fehlenden Ausschreibungspflicht ausgegangen. Die Ausführungen des Arbeitsgerichtes seien widersprüchlich. Es habe einerseits festgestellt, es liege ein Beteiligungsrecht vor, zum Anderen eine Ausschreibung für nicht erforderlich gehalten. Die Stelle sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes auch nicht einfach verlagert worden. Der Mitarbeiter sei jetzt hauptsächlich mit der Verzollung von Waren beschäftigt. Entsprechend ändere sich seine Eingruppierung. Die Umstände der Arbeit wie andere Manager, andere Kollegen, andere Urlaubssystematik sowie Samstagsarbeit hätten sich erheblich verändert.

Das LAG entschied, die Beschwerde des Betriebsrats sei begründet. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats sei nicht zu ersetzen. Die Zustimmung zu dem Wechsel war gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz) jedoch erforderlich, weil es sich um eine Versetzung handele. Der Betriebsrat habe dem Wechsel zurecht widersprochen. Es handele sich um eine Versetzung für die keine Ausschreibung erfolgte.

Das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt und dargelegt, dass es sich um eine Versetzung handele. Die Tätigkeit im neuen Team überschreite die Dauer von einem Monat und bedeute die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches. Das Gesamtbild der Tätigkeit ändere sich so sehr, dass sie als eine andere Tätigkeit anzusehen sei. Das ergebe sich schon daraus, dass die wechselnden Mitarbeiter in die neue Tätigkeit eingearbeitet werden müssten und die Anzahl komplexer Tätigkeiten steige. Die äußeren Umstände der Arbeitstätigkeit hätten sich zudem erheblich geändert. Ein anderer Vorgesetzter, neue Kollegen und veränderte Arbeitszeiten.

Die Arbeitgeberin habe eine Ausschreibung unterlassen, obwohl der Betriebsrat in der Anhörung auf eine fehlende Ausschreibung hingewiesen und diese damit konkludent verlangt habe. Die Arbeitgeberin könne nicht argumentieren, es handele sich nicht um einen freien Arbeitsplatz, da der Mitarbeiter lediglich mit seiner alten Position gewechselt sei.

Arbeitsplatz ist die kleinste räumliche strukturelle Einheit eines Betriebes. Arbeitsplatz ist ein räumlicher Bereich, aber nicht eine von ihrer betrieblichen Einbettung unabhängige Stelle im finanzwirtschaftlichen oder haushaltsrechtlichen Sinn. Ein Arbeitsplatz kann bei einer Versetzung nicht „mitgenommen“ werden. Wird ein neuer Arbeitsplatz geschaffen, handele es sich um einen freien Arbeitsplatz, selbst wenn er mit einem bereits ausgewählten Mitarbeiter besetzt werden soll. Der Betriebsrat habe die Möglichkeit eine innerbetriebliche Ausschreibung zu verlangen, um solche Besetzungsstrategien zu verhindern.

Die Rechtsbeschwerde zu diesem Urteil wurde nicht zugelassen, da die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruhe und keine grundsätzliche Bedeutung habe.