BLOG RECHTSPRECHUNG

Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.06.2011,  2 AZR 381/10

Eine Verwaltungsfachangestellte im medizinischen Dienst war wegen ihrer langen Betriebszugehörigkeit ordentlich unkündbar. Dass der Status ordentlich unkündbar kein Freibrief ist, zeigt ein Urteil des Bundesgerichtshofes. Verstöße gegen die Arbeitszeit waren der Auslöser dafür, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.

Eine Verwaltungsfachangestellte genoss das Privileg der Gleitarbeitszeit. Sie musste ihre Arbeitszeit am Computer dokumentieren. Die Arbeitgeberin wirft der Verwaltungsfachangestellten vor, an mindestens 7 Tagen jeweils mindestens 13 Minuten, einmal 28 Minuten, insgesamt 135 Minuten mehr Arbeitszeit dokumentiert zu haben, als sie tatsächlich geleistet hat. Sie sei zu diesen Zeiten noch nicht oder nicht mehr im Betrieb gewesen. Die Verwaltungsangestellte hielt entgegen, die Arbeitszeit beginne für sie bereits, wenn sie die Parkplatzeinfahrt durchfahren habe. Sie habe häufig viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz verbracht, für 50 Mitarbeiter hätten nur 27 Parkplätze zur Verfügung gestanden.

Außerordentliche Kündigung bestätigt

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der außerordentlichen Kündigung statt, weil mit der schweren Pflichtverletzung ein Vertrauensbruch einhergeht. Wegen der Höhe der Abweichungen geht das BAG davon aus, dass es sich nicht um fahrlässiges Handeln oder ein Versehen gehandelt hat.

Das BAG hat die Auffassung des Landesarbeitsgerichtes bestätigt, dass im konkreten Fall keine Abmahnung notwendig war, um die außerordentliche Kündigung aussprechen zu können, da eine Hinnahme des Fehlverhaltens durch die Arbeitgeberin offensichtlich – auch für die Verwaltungsfachangestellte erkennbar – ausgeschlossen war.

Entsprechend der Urteilsbegründung war es wegen des hohen Vertrauensmissbrauches der Arbeitgeberin nicht zumutbar, die ordentliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres zu akzeptieren.

Die 17-jährige, Betriebszugehörigkeit ohne Beanstandungen, das Alter der Verwaltungsfachangestellten sowie ihre Unterhaltspflicht für eine Person konnten das Urteil nicht beeinflussen.