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Keine außerordentliche Kündigung bei Ankündigung einer Krankheit

Ankündigung einer Krankheit ist kein Kündigungsgrund

Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 15.03.2013, Aktenzeichen 10 Sa 2427/12

Erklärt ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit seine Erkrankung und ist anschließend tatsächlich arbeitsunfähig krankgeschrieben, darf die Arbeitgeberin nicht ohne Abmahnung eine Kündigung aussprechen.

 

 

Im Rechtsstreit ging es nach einer außerordentlichen Kündigung um den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Quartals. In erster Instanz wurde vor dem Arbeitsgericht Berlin der Klage stattgegeben und die Arbeitgeberin verurteilt, bis zum Quartalsende, dem eigentlichen Termin einer ordentlichen Kündigung, den Lohn zu zahlen. Wegen der Betriebsgröße gab es keinen Kündigungsschutz.

An einem Freitagmittag erklärte ein kaufmännischer Angestellter seinen beiden Kollegen, dass er kaputt sei und beginnend am folgenden Montag eine Woche frei haben müsste. Zu einem Arzt wolle er nicht gehen.

Da der kaufmännische Angestellte am Montag aus Sicht der Arbeitgeberin unentschuldigt der Arbeitsstätte fern blieb, kündigte die Arbeitgeberin fristlos. Am Dienstag wurde die Kündigung zugestellt. Der kaufmännische Angestellte suchte am Dienstag einen Arzt auf und erhielt eine arbeitsbefreiende Krankschreibung, die den Montag rückwirkend einschloss.

Der kaufmännische Angestellte sah keinen Grund für die außerordentliche Kündigung. Er habe dem Arbeitsdruck nicht mehr standhalten können. Er habe nicht unentschuldigt ab dem besagten Montag gefehlt, da er arbeitsunfähig war. Der Geschäftsführer habe dem kaufmännischen Angestellten zwar einen baldigen Urlaub in Aussicht gestellt. Ein konkretes Urlaubsersuchen durch den kaufmännischen Angestellten habe es aber nicht gegeben.

Ob der kaufmännische Angestellte bereits am Freitag krank war, ist streitig. Er hatte jedenfalls deutlich erklärt, dass er „platt“ sei. Das Landesarbeitsgericht (LAG) ging davon aus, dass die Arbeitgeberin dem Gesundheitszustand des kaufmännischen Angestellten am Freitag hätte nachprüfen müssen.

Das LAG legte weiterhin dar, dass nicht jeder Arbeitnehmer, der seine Arbeitsaufgaben erfüllt, tatsächlich arbeitsfähig ist.

Arbeitsunfähigkeit liegt nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vor, wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine Arbeitsaufgabe nicht oder nur unter Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit fortführen kann (§ 92 Absatz 1, Satz 2, Nr.7 SGB V).

Arbeitsunfähigkeit liegt auch dann vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.

Der kaufmännische Angestellte habe mit seinen Äußerungen eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien angedeutet, führte das LAG aus. Durch die Äußerungen des kaufmännischen Angestellten war für die Arbeitgeberin zumindest seine subjektive Beeinträchtigung erkennbar.

Es sei kein Beweis für die Arbeitsfähigkeit des kaufmännischen Angestellten, dass er bis zum Feierabend weiter gearbeitet hat, lediglich ein Indiz. Da die Arbeitgeberin keinen Beweis dafür angeboten hatte, dass der kaufmännische Angestellte arbeitsfähig war, konnte das Gericht dem nicht weiter nachgehen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bekräftigte das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin. Das Arbeitsverhältnis bestand bis zum Quartalsende fort. Die Arbeitgeberin hatte den Lohn bis zum Quartalsende zu zahlen.

Eine Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen.