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Elternteilzeit

Gewährung Elternteilzeit

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20.12.2012, Aktenzeichen 20 Sa 418/12

Möchte die Arbeitgeberin nicht auf den Wunsch der Arbeitnehmerin zur Elternteilzeit eingehen, muss sie innerhalb von 4 Wochen schriftlich die dagegenstehenden betrieblichen Gründe formulieren.

Eine kaufmännische Angestellte arbeitete in einem führenden Wohnungsunternehmen. Ihre Hauptaufgabe war der Vertrieb von Wohnungen und Einfamilienhäusern. Nach einer bereits beanspruchten Elternzeit von 2 Jahren beantragte die kaufmännische Angestellte Elternteilzeit, in Form einer verkürzten Arbeitszeit über 20 Stunden pro Woche, Montag bis Donnerstag von 9.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Sie wünschte, wie bisher in der Verkaufsabteilung tätig zu sein.

Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag schriftlich ab, weil dringende betriebliche Gründe dagegen stünden.

Das Landesarbeitsgericht legt dar, warum diese allgemeine Formulierung nicht ausreicht.

Die dringenden betrieblichen Gründe müssen konkret formuliert werden und so gestaltet sein, dass die Arbeitnehmerin die Erfolgsaussichten einer Klage prüfen kann. Die Begründung muss so klar verständlich sein, dass sie auch in einem Prozess eindeutig ist. Im Prozess darf sich die Arbeitgeberin nur auf die Argumente stützen, die im Ablehnungsschreiben genannt wurden. Ein späteres Nachschieben von Argumenten während des Prozesses ist unzulässig. Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass die Arbeitnehmerin ausreichend prüfen kann, ob der ausdrücklich zulässige Klageweg erfolgreich sein kann.

Diese Prüfung kann sich nur auf Argumente beziehen, die im Ablehnungsschreiben genannt wurden. Später nachgeschobene, zu diesem Zeitpunkt nicht genannte Argumente sind nicht geeignet, die notwendige Prüfung der Argumente durch die Arbeitnehmerin zu ermöglichen. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass alle, dem Antrag entgegenstehende Argumente im Ablehnungsschreiben eindeutig und nachvollziehbar formuliert sind.

Während des Prozesses nachgeschobene Argumente, auch wenn diese klar nachvollziehbar sind, bleiben unberücksichtigt.

Die Arbeitgeberin erläuterte in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/Main ihr betriebliches Organisationskonzept, den gesamten Verkauf von Wohnungen in einer Region über einen Mitarbeiter abzuwickeln. Der Arbeitsplatz der kaufmännischen Angestellten sei unteilbar.

Die Arbeitgeberin argumentierte, das betriebliche Organisationskonzept stehe dem Verlangen der kaufmännischen Angestellten entgegen. Termine für Besichtigungen und andere Termine müssten überwiegend in den frühen Abendstunden und samstags stattfinden. Die gewünschte verringerte Arbeitszeit würde das Interesse der Arbeitgeberin wesentlich beeinträchtigen. Der Geschäftserfolg der Arbeitgeberin würde erheblich leiden, falls die Kaufinteressenten auf Termine während der verkürzten Arbeitszeit verwiesen werden müssten.

Die Stelle der kaufmännischen Angestellten wurde während der Elternzeit durch einen externen Mitarbeiter übernommen, der bei Abschluss eines Vertrages die vertraglich vereinbarte Provision erhielt. Hätte die Arbeitgeberin die kaufmännische Angestellte in Elternteilzeit arbeiten lassen, müsste sie sowohl dem externen Mitarbeiter Provision zahlen, als auch der kaufmännischen Angestellten einen Bonus für den Verkaufserfolg.

Das Landesarbeitsgericht Hessen erläuterte:

Die Klage auf Zustimmung zur Elternteilzeit ist nach §15 Abs. 7 BEEG begründet. Die Arbeitgeberin hat für die Elternteilzeit jede dem Gesetz entsprechende Entscheidung der Arbeitnehmerin zu respektieren. Von der Arbeitgeberin wird erwartet, dass sie die Beeinträchtigungen durch die gewünschte Elternteilzeit bewältigt (BAG 5. Juni 2007, 9 AZR 82/07, BAGE 123, 30-45).

Die Arbeitgeberin wurde verpflichtet, seit dem Beginn der beantragten Elternteilzeit die Vergütung für die verkürzte Arbeitszeit zu zahlen.

Die Vergütung war mit dem bereits ausgezahlten Vollzeitentgelt der kaufmännischen Angestellten zu verrechnen, da irrtümlich in das EDV-System der Arbeitgeberin die Verlängerung der Elternzeit um das dritte Jahr nicht eingetragen wurde.

Für die Arbeitgeberin wurde die Revision zugelassen. Es wurde Revision unter dem Aktenzeichen 9 AZR 383/13 eingelegt.