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Betriebsrat Mitbestimmung Schichtplan

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Dienstplänen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09.07.2013, Aktenzeichen 1 ABR 19/12

Ein Spruch der Einigungsstelle war unwirksam, da festgelegt wurde, die Arbeitgeberin könne in Eilfällen den Dienstplan vorläufig allein in Kraft setzen oder ändern. Die Arbeitgeberin kann durch die Einigungsstelle nicht ermächtigt werden, den Schichtplan vorläufig ohne Zustimmung des Betriebsrats wirksam werden zu lassen.

Für die Durchführung von Schichtarbeit wurden von der Arbeitgeberin Dienstpläne erstellt. Ein Spruch der Einigungsstelle sah unter anderem vor, in dringenden Fällen, falls Änderungen des Dienstplanes sich über nicht mehr als 4 Tage erstreckten, sei die Einwilligung des Betriebsrats vorausgesetzt.

Damit würde jedoch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unzulässig beschnitten. Der Betriebsrat beantragte beim Arbeitsgericht, den Einigungsstellenspruch für ungültig erklären zu lassen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht Niedersachsen (9 TaBV 66/11) entsprachen in den Vorinstanzen dem Antrag des Betriebsrats. Die Arbeitgeberin verfolgte vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Rechtsbeschwerde ihren Abweisungsantrag weiter.

Nach Ansicht des BAG hat die Einigungsstelle teilweise ihre Regelungskompetenzen überschritten, einige der getroffenen Regelungen seien unwirksam. Daraus resultiere eine vollständige Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs.

Sind keine anderslautenden gesetzlichen oder betrieblichen Regelungen vorhanden, hat der Betriebsrat die Gestaltung der Schichtarbeit mitzubestimmen. Eine anderslautende tarifliche Regelung müsste jedoch zwingend und abschließend das Mitbestimmungsrecht ausschließen. Das BAG führt aus:

Nach § 87 Absatz 1 Nr. 2 BetrVG ist der Betriebsrat zu beteiligen bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage.

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich zudem auf die Abgrenzung des Personenkreises, der in der Schichtarbeit tätig wird, deren Zuordnung zu einzelnen Schichten sowie die zeitliche Lage einzelner Schichten, ebenso wie die Änderung bereits aufgestellter Dienstpläne.

Wird durch eine Schichtplanregelung die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzt oder verlängert, hat der Betriebsrat nach § 87 Absatz 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen.

Kommt eine Einigung nicht zustande, hat eine für diese Entscheidung einzuberufende Einigungsstelle zu entscheiden und ersetzt mit ihrem Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat.

Wird die tägliche Arbeitszeit verlängert, wird die betriebsübliche Arbeitszeit überschritten. Selbst dann, wenn ein Ausgleich der Arbeitszeit im Laufe der Arbeitswoche erfolgt. Der Arbeitgeberin wurde es durch den Schiedsstellenspruch dauerhaft ermöglicht, die Arbeitszeit um 30 bis 45 Minuten zu verlängern, lediglich in Abhängigkeit von einer nicht näher definierten Auslastungssituation. Die Einigungsstelle überschritt ihre Kompetenz bei der Festlegung der Arbeitszeit.

Der Manteltarifvertrag (MTV) bestimmte, dass kurzfristige Änderungen der konkreten täglichen Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer nur bei Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse vorgenommen werden könnten. Die Überschreitung der Arbeitszeit sei als Überstunden anzusehen, die nur vom Geschäftsführer oder einer bevollmächtigten Person schriftlich angeordnet werden könnten.

In der Betriebsvereinbarung gebe es keine ausreichenden Regelungen, die konkrete Zeiten für Beginn und Ende der Schichten regelt, stellte das BAG fest. Für Arbeitnehmer würde nicht ausreichend erkennbar, wann und in welchem Umfang sie eingesetzt werden.

Im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sei keine einseitige Regelungsbefugnis der Arbeitgeberin, auch nicht für vorläufige Maßnahmen, vorgesehen, erklärt das BAG.

Dem Spruch der Einigungsstelle fehle es an verbindlichen abstrakten Vorgaben, die das Direktionsrecht der Arbeitgeberin bei der Heranziehung von Arbeitnehmern für kurzfristig erforderliche Dienstplanänderungen begrenzen.

Im Sinne von § 139 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) führte die Unwirksamkeit der von der Einigungsstelle aufgestellten Vorschriften zur Aufstellung des Dienstplanes zur Unwirksamkeit des gesamten Einigungsstellenbeschlusses, da die übrigen Bestimmungen keine sinnvolle in sich abgeschlossene Regelungen enthalten.