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Keine Kündigung per E-Mail möglich

Fristlose Kündigung per E-Mail unwirksam

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2018, Aktenzeichen 2 Sa 991/18

Wird für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nicht die Schriftform eingehalten, ist die Kündigung unwirksam. Eine Kündigung per E-Mail entspricht nicht der Schriftform.

Ein Malerhelfer erhielt von seinem Arbeitgeber, dem Inhaber des Malerbetriebes eine außerordentliche Kündigung in Form einer E-Mail. Die Kündigung wurde mit angeblichem Drogenkonsum des Malerhelfers begründet. Eine schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung in Form eines Einschreibens ging dem Malerhelfer zwei Tage später zu.

Gegen die Kündigungen legte der Malerhelfer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein.

Das Arbeitsgericht stellte fest, das Arbeitsverhältnis sei nicht durch die Kündigung per E-Mail aufgelöst worden. Auch nicht durch die folgende schriftliche fristlose Kündigung per Einschreiben. Erst durch die fristgerechte Kündigung zum 04.11.2017 sei das Arbeitsverhältnis beendet worden.

Der vom Arbeitgeber behauptete Drogenkonsum sei durchaus ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung wegen Drogenkonsums komme allerdings nur dann in Betracht, falls zusätzliche Umstände es notwendig machen, das Arbeitsverhältnis baldmöglichst zu beenden.

Der Arbeitgeber müsse im Kündigungsrechtsstreit darlegen und beweisen, dass der Arbeitnehmer aufgrund des Drogenkonsums nicht mehr in der Lage gewesen sei, seinen vertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen bzw. durch den Drogenkonsum für ihn oder andere Arbeitnehmer ein erhöhtes Unfallrisiko bestanden habe.

Seiner Darlegungs- und Beweislast sei der Arbeitgeber nicht nachgekommen. Der von ihm angebotene Zeuge hätte nur darlegen können, dass der Malerhelfer weißes Pulver zu sich genommen hätte. Ob es sich um Drogen handele, sei nicht dargelegt worden. Es seien auch keine weiteren Umstände dargelegt und bewiesen worden, die es dem Arbeitgeber unzumutbar gemacht hätten, den Malerhelfer bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist von 2 Wochen weiter zu beschäftigen. Es gebe Drogen, die sich eher leistungssteigernd und aufmerksamkeitssteigernd auswirkten.

Der Malerhelfer wurde zu den Drogenvorwürfen nicht einmal befragt. Deshalb habe der Arbeitgeber nicht wegen Verdachts auf Drogenkonsum kündigen dürfen.

Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts legte der Arbeitgeber Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein.
Es sei aus anderen Strafverfahren ersichtlich, dass der Malerhelfer Drogen konsumiert hätte, da der Malerhelfer den Zeugen wegen dessen behaupteten Drogenkonsums angezeigt hätte. Während einer Befragung der Verlobten des Malerhelfers habe diese angegeben, dass der Malerhelfer nur selten Drogen konsumiere. Vielleicht einmal monatlich etwas Gras. Vor ihrer Verlobung im August 2015 habe er wohl mehr konsumiert, seither jedoch nicht mehr. Die Wohnung des Malerhelfers sei im Rahmen der strafrechtlichen Verfolgung durchsucht worden, weil Vorwürfe vorlagen, er handele mit Cannabis und Ecstasy. Ein Ergebnis der Untersuchung sei jedoch nicht bekannt.

Weiter führte der Arbeitgeber aus, Drogenkonsum werde üblicherweise als negative Eigenschaft angesehen. Speziell beim Missbrauch von Kokain und Ecstasy liege es auf der Hand, dass sich der Berauschte übermenschlich stark fühle, sämtliche Vorsicht fallen lasse, sich überschätze und Fehler mache. Die Arbeit auf Gerüsten und Leitern müsse nüchtern und voll konzentriert durchgeführt werden. Der Arbeitgeber habe deshalb das Arbeitsverhältnis sofort beenden müssen, um Schäden vom Malerhelfer und Anderen abzuwenden.
Der Arbeitgeber beantragte, das Urteil des Arbeitsgerichtes abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Malerhelfer bestritt weiterhin, an diesem Tage Drogen zu sich genommen zu haben. Die Vorwürfe, dass er fahrig und unkonzentriert gearbeitet habe, seien unrichtig. Hingegen sei richtig, dass er bei der Arbeit oftmals stark schwitze, was auf eine Überfunktion seiner Schweißdrüsen zurückzuführen sei, keinesfalls auf Drogenkonsum. Im Gegensatz zu dessen Ansicht obliege es dem Arbeitgeber, einen von ihm lediglich behaupteten und böswillig unterstellten wichtigen Grund darzulegen und zu beweisen. Es sei nicht Aufgabe des Malerhelfers nachzuweisen, dass er während der Arbeit keine Drogen zu sich nehme.

Das LAG entschied, der Kündigungsschutzklage wurde zurecht stattgegeben.

Das Arbeitsverhältnis wurde nicht durch die E-Mail beendet, da die Kündigung nicht schriftlich ausgesprochen wurde. Eine E-Mail erfülle nicht das Schriftlichkeitsgebot des § 623 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Die schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung habe das Arbeitsverhältnis ebenfalls nicht außerordentlich beendet.

Drogenkonsum könne grundsätzlich die außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers rechtfertigen. Dabei sei es unerheblich ob der Konsum während der Arbeitszeit oder privat erfolgt. Der Arbeitgeber habe jedoch den Drogenkonsum des Arbeitnehmers darzulegen und zu beweisen. Die Schilderung des Zeugen, er habe gesehen, dass der Malerhelfer weißes Pulver zu sich genommen habe, beziehe sich auf Verdachtsmomente, nicht auf Tatmomente. Es stehe nicht fest, ob und welche Drogen der Malerhelfer zu sich genommen hätte.

Dass der Malerhelfer möglicherweise mit Drogen handele, sei kein Indiz für einen Eigenkonsum. Die Behauptung, der Malerhelfer habe ein weißes Pulver in die Nase appliziert, stimme nicht mit dem behaupteten früheren Cannabiskonsum (in geringem Ausmaß) überein. Die geäußerten Vermutungen, dass es sich um Kokain handeln könnte, stimmten nicht mit dem indiziellen Vortrag des Arbeitgebers bezüglich Cannabis und Ecstasy überein.

Wahrend des gesamten Rechtsstreits habe der Arbeitgeber immer versucht, die Tatkündigung zu begründen, indem er sich darauf berief, der Malerhelfer habe Drogen zu sich genommen. Eine mögliche Verdachtskündigung sei hingegen nicht dargelegt worden. Würde man die außerordentliche Kündigung als Verdachtskündigung betrachten, könnte diese dennoch nicht wirksam werden, da sie wegen fehlender Anhörung des Malerhelfers unwirksam wäre.

Eine Revision zu diesem Urteil wurde nicht zugelassen.