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Antrag auf Elternteilzeit – Was ist zu beachten?

Teilzeitarbeit während der Elternzeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2019, Aktenzeichen 9 AZR 435/18

Wird der Antrag auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit mit einer konkreten Forderung für Arbeitszeiten verknüpft, so kann dieser nur als Gesamtantrag behandelt werden.

Eine Anlagenfahrerin arbeitete im 3-Schichtsystem. Im September 2016 wurde das zweite Kind der Anlagenfahrerin geboren. Wenige Tage nach der Geburt beantragte die Anlagenfahrerin Elternzeit für den Zeitraum November 2016 bis September 2019. In einem weiteren Schreiben mit gleichem Datum beantragte sie die Elternteilzeit für eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 20 Stunden, Montag bis Donnerstag, von 6:30 Uhr bis 11:30 Uhr.

Die Arbeitgeberin lehnte das Begehren auf Teilzeit ab. Der rollende Schichtbetrieb stehe dem Teilzeitwunsch entgegen. Die gewünschten Arbeitszeiten könnten nicht in das Schichtsystem integriert werden. Die Frühschicht erstrecke sich von 6:00 Uhr bis 14:30 Uhr. Somit wäre entweder während der gewünschten Arbeitszeit eine Person zu viel in der Schicht, oder die Schicht wäre für 3,5 Stunden unterbesetzt. Die erste Variante würde das Unternehmen unangemessen wirtschaftlich belasten. Die zweite Variante würde zu einer Gefährdung der Produktion führen. Einen Einsatz außerhalb des Schichtsystems gäbe es für die Anlagenfahrerin nicht.

Im Februar 2018 suchte die Arbeitgeberin mittels eines innerbetrieblichen Aushangs 4 Operatoren, die unter verkürzter Lohnzahlung bereit wären ihre wöchentliche Arbeitszeit um 5 Stunden zu verringern, um ergänzend zu einer Mitarbeiterin mit einer Arbeitszeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr montags bis donnerstags tätig zu sein. Auf die Ausschreibung meldeten sich nur zwei Beschäftigte.

Die Anlagenfahrerin beantragte vor dem Arbeitsgericht, die Arbeitgeberin zu verurteilen, ihrem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit während ihrer Elternzeit zuzustimmen.

Die Arbeitgeberin sei verpflichtet ihr Angebot auf Abschluss eines befristeten Teilzeitarbeitsvertrages anzunehmen. Der mögliche Wegfall des Arbeitsplatzes eines Senior Operators stehe ihrem Begehren nicht entgegen, da sich die Arbeitgeberin in ihrem Ablehnungsschreiben nicht darauf berufen habe.

Die Arbeitgeberin argumentierte, dem Teilzeitverlangen der Anlagenfahrerin ständen betriebliche Gründe entgegen. Das durchgehende Schichtsystem schließe einen Arbeitszeitwunsch, wie ihn die Anlagenfahrerin beantragt habe, aus. Die alternative Einstellung einer Vollzeitarbeitskraft sei der Arbeitgeberin nicht möglich, zumindest aber nicht wirtschaftlich zumutbar.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren änderte das Landesarbeitsgericht (LAG) das Urteil des Arbeitsgerichts und wies die Klage ab. Mit ihrer Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgte die Anlagenfahrerin mit einem neu formulierten Antrag weiterhin ihr Begehren. Dieser zielte weiterhin auf eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden und eine Arbeitszeit Montag bis Donnerstag von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr, sowie hilfsweise von 6:30 Uhr bis 11:30 Uhr.

Das BAG entschied, mit der Begründung, der Arbeitsplatz eines Senior Operators sei entfallen, durfte das LAG den Antrag auf Vertragsänderung nicht abweisen. Bezüglich des Hauptantrages erweise sich die Entscheidung des LAG aus anderen Gründen als richtig. Für den Hilfsantrag könne das BAG anhand der Tatsachenfeststellungen des LAG nicht entscheiden, ob die Arbeitgeberin verpflichtet sei, das Änderungsangebot anzunehmen.

Die Klage sei nicht infolge Zeitablaufs unzulässig geworden. Selbst die vollständige Beendigung der Elternzeit lasse das Rechtsschutzbedürfnis für eine elternzeitbedingte Klage auf Verringerung der Arbeitszeit nicht entfallen.

Das LAG sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Arbeitgeberin nicht verpflichtet sei, der gemäß Hauptantrag von der Anlagenfahrerin begehrten Reduzierung der wöchentlichen Regelarbeitszeit bei Verteilung der Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr zuzustimmen.

Die Arbeitgeberin könne sich in ihrer Ablehnung jedoch nicht auf Gründe stützen, die im Ablehnungsschreiben nicht erwähnt wurden. Das LAG sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, es sei ohne Bedeutung, dass die Arbeitgeberin in ihrem Ablehnungsschreiben nicht erwähnt habe, dem Antrag stünden betriebliche Gründe entgegen, da der Arbeitsplatz eines Senior Operators entfallen sei.

Die Arbeitgeberin könne sich nach neuerer Rechtsprechung in einem gerichtlichen Verfahren nur auf Ablehnungsgründe berufen, die sie in ihrem Schreiben benannt hat. Das gelte unabhängig davon, ob der Arbeitnehmerin andere als im Schreiben benannte Gründe bekannt gewesen seien.

Entsprechend Wortlaut des § 15 Absatz 7 Satz 4 BEEG aF (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) muss die Arbeitgeberin die Ablehnung schriftlich begründen. Damit erhalte die Arbeitnehmerin eine tatsachenbasierte Beurteilungsgrundlage, mit der sie die Erfolgsaussichten einer Klage auf Zustimmung zur begehrten Elternteilzeit überprüfen könne. Dieses Regelungsziel lasse sich nur erreichen, wenn die Arbeitgeberin im späteren Prozess die von ihr begehrte Klageabweisung ausschließlich auf solche Gründe stützen könne, die sie der Arbeitnehmerin zuvor mitgeteilt hat.

Die Klage sei jedoch hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet, weil die Anlagenfahrerin mit ihm eine Vertragsänderung begehrt, die sie der Arbeitgeberin nicht zuvor angetragen habe.

Lehnt die Arbeitgeberin dieses Angebot form- und fristgerecht ab, stehe es der Arbeitnehmerin nach § 15 Absatz 7 Satz 7 BEEG aF frei, den von ihr gegenüber der Arbeitgeberin erhobenen Anspruch im Klageweg vor den Gerichten für Arbeitssachen zu verfolgen. Das Änderungsverlangen sei seinem Inhalt nach für das gerichtliche Verfahren bindend. Der Streitgegenstand könne durch die Arbeitnehmerin nicht mehr einseitig verändert werden.

Zunächst habe die Arbeitnehmerin die Verringerung der Arbeitszeit bei der Arbeitgeberin zu beantragen. Es reiche aus, dass die Arbeitgeberin um eine Verhandlung über eine Verringerung der Arbeitszeit und gegebenenfalls die Verteilung der verringerten Arbeitszeit gebeten wird. Hat die Arbeitgeberin das Angebot auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit abgelehnt, sei das vorgerichtliche Verfahren abgeschlossen. Die Arbeitnehmerin könne ihren Verteilungswunsch deshalb ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ändern.

Die Arbeitnehmerin könne während der Gesamtdauer der Elternzeit gegenüber der Arbeitgeberin nur zweimal eine Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen, soweit die Arbeitsvertragsparteien eine Einigung nach § 15 Abs. 5 BEEG aF nicht erzielen können. Die Arbeitgeberin soll hierdurch nicht unzumutbar belastet werden, da sie ihre Personalplanung gegen ihren eigenen Willen dem Teilzeitwunsch der Arbeitnehmerin anpassen müsse.

Die Anlagenfahrerin begehre mit dem Hauptantrag die Zustimmung der Arbeitgeberin zu einem einheitlichen Änderungsangebot. Neben der Verringerung ihrer wöchentlichen Regelarbeitszeit auf 20 Wochenstunden betreffe der Antrag auch die Verteilung der verringerten Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr.

Gemäß § 15 Absatz. 7 Satz 3 BEEG aF kann die Arbeitnehmerin ihr Verringerungsverlangen mit einem konkreten Verteilungswunsch verbinden und sein Änderungsangebot damit von der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig machen. In einem solchen Fall kann die Arbeitgeberin das Änderungsangebot wegen § 150 Absatz 2 BGB nur einheitlich annehmen oder ablehnen.

Möchte die Arbeitnehmerin das Risiko ausschließen, dass der beantragten Verteilung der verringerten Arbeitszeit und damit auch der Elternteilzeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, sei es ihre Aufgabe, die Verringerung und bestimmte Verteilung der verringerten Arbeitszeit so anzubieten, dass die Arbeitgeberin zweifelsfrei erkennen könne, die Arbeitnehmerin verfolge beide Ziele getrennt voneinander. Mache die Arbeitnehmerin hingegen ihr Änderungsangebot von der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig, könne die Arbeitgeberin das Änderungsangebot wegen § 150 Absatz 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nur einheitlich annehmen oder ablehnen.

Da das Angebot der Anlagenfahrerin ein einheitliches Angebot sei, das sowohl auf die Reduzierung als auch auf die dort genannte Verteilung der Arbeitszeit gerichtet ist, sei die Arbeitgeberin nicht verpflichtet, dieses lediglich teilweise im Hinblick auf die Reduzierung der Arbeitszeit anzunehmen.

Hinsichtlich des Hilfsantrags sei die Revision begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts (LAG) durfte der Anlagenfahrerin auf ihren Hilfsantrag hin ein Anspruch auf die begehrte Elternteilzeit nicht abgesprochen werden. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts könne das BAG allerdings nicht abschließend entscheiden, ob die Arbeitgeberin verpflichtet sei, das Änderungsangebot der Anlagenfahrerin anzunehmen. Das Urteil des LAG war daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das LAG werde danach zu beurteilen haben, ob dem Elternzeitverlangen der Anlagenfahrerin dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

Das Landesarbeitsgericht habe, aus seiner Sicht konsequent, nicht geprüft, ob andere dringende betriebliche Gründe, als die von ihm angenommenen, der mit dem Hilfsantrag begehrten Vertragsänderung entgegenstehen. Diese Prüfung werde das LAG nachzuholen haben.

Es genüge nicht, betriebliche Gründe für die Ablehnung heranzuziehen. Diese müssten darüber hinaus dringend sein. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssten deshalb geradezu zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit sein.

Mache die Arbeitgeberin geltend, es sei ihr nicht möglich, die infolge der Teilzeit ausfallende Arbeitszeit durch die Einstellung einer Ersatzkraft auszugleichen, obliege es ihr, im Einzelnen darzulegen, welche Anstrengungen sie unternommen hat, eine Ersatzkraft zu finden.