Arbeitsgericht Düsseldorf (10. Kammer), Urteil vom 27.06.2024, Aktenzeichen 10 Ca 545/24
Amtliche Leitsätze:
- Die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung mit einem Betriebsratsmitglied trägt der Arbeitgeber. Insoweit kommen dieselben Grundsätze zur Anwendung, wie sie für die korrigierende Rückgruppierung gelten. Dem Arbeitgeber obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung, wenn der Arbeitnehmer zuvor als maßgebend mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft (Anschluss an ArbG Hannover 17.10.2023 – 12 Ca 272/23). Dies gilt auch dann, wenn es nicht um die Rückforderung überzahlter Vergütung nach 817 BGB geht, sondern um die Geltendmachung der laufenden Vergütung des Betriebsratsmitglieds.
- Hinsichtlich des Anspruchs auf Rückzahlung überzahlter Betriebsratsvergütung aus § 817 BGB parallel zu ArbG Düsseldorf 24.04.2024 – 8 Ca 6052/23.
Hintergrund:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf (10. Kammer) vom 27. Juni 2024 befasst sich mit den Vergütungsansprüchen eines freigestellten Betriebsratsmitglieds. Im Kern geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, das Betriebsratsmitglied weiterhin nach der bisherigen Entgeltgruppe zu vergüten, oder ob eine Herabgruppierung gerechtfertigt ist.
Streitgegenstand:
Der Kläger, ein langjähriger Mitarbeiter der Beklagten (einem Verkehrsunternehmen) und freigestelltes Betriebsratsmitglied, war zuletzt in die Entgeltgruppe 11 des TV-N NW eingruppiert. Die Beklagte nahm jedoch eine Herabgruppierung in die Entgeltgruppe 7 vor, was zu einer erheblichen Reduzierung des Gehalts des Klägers führte. Der Kläger begehrte die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn weiterhin nach der Entgeltgruppe 11 zu vergüten, sowie die Zahlung der Differenzbeträge für die Monate Dezember 2023 bis Juni 2024.
Entscheidung des Gerichts:
Das Arbeitsgericht Düsseldorf gab der Klage weitgehend statt und urteilte, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit Dezember 2023 weiterhin nach der Entgeltgruppe 11 zu vergüten. Zudem wurde die Beklagte zur Zahlung der Vergütungsdifferenzen für die genannten Monate verurteilt.
Wesentliche Urteilsgründe:
- Darlegungs- und Beweislast: Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Nichtigkeit der Vergütungsvereinbarung mit einem Betriebsratsmitglied trägt. Dies entspricht den Grundsätzen, die auch bei einer korrigierenden Rückgruppierung gelten. Der Arbeitgeber muss die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung darlegen und beweisen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer sich auf eine zuvor als maßgebend mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft.
- Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG: Das Gericht betonte, dass ein Verstoß gegen das gesetzliche Begünstigungsverbot vorliegen kann, wenn der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied eine ungerechtfertigte Besserstellung zukommen lässt. Dies kann einem Anspruch auf Rückforderung überzahlter Beträge gemäß § 817 BGB entgegenstehen.
- Hypothetische Karriereentwicklung: Das Gericht berücksichtigte die hypothetische Karriereentwicklung des Klägers, d.h. wie sich seine Karriere ohne die Freistellung als Betriebsratsmitglied entwickelt hätte. Dabei wurde berücksichtigt, dass der Kläger sich in der Vergangenheit auf eine Teamleiterstelle beworben hatte, die jedoch aufgrund seiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender nicht berücksichtigt wurde.
Bedeutung des Urteils:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf stärkt die Position von freigestellten Betriebsratsmitgliedern und unterstreicht die Bedeutung des Begünstigungsverbots gemäß § 78 Satz 2 BetrVG. Es verdeutlicht, dass eine Herabgruppierung von Betriebsratsmitgliedern nur unter strengen Voraussetzungen zulässig ist und dass der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme trägt. Zudem betont das Urteil die Relevanz der hypothetischen Karriereentwicklung bei der Beurteilung der Vergütungsansprüche von Betriebsratsmitgliedern.