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Änderungskündigung zur Herabstufung gerechtfertigt

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.09.2011, 2 AZR 451/10

Nach 13 Jahren leitender Tätigkeit bekam eine Schulleiterin die Bitte, in eine Änderung ihrer gehaltlichen Einstufung einzuwilligen. Sie sollte zukünftig geringer entlohnt werden. Die Zahl der Schüler hatte sich deutlich verringert. Der bisher angewandte Tarif sei für die Leitung eines Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern vorgesehen. Die Schulleiterin lehnte die Bitte ab.

Der Schülerrückgang ist auf die Umsetzung des landesspezifischen Schülerentwicklungsplans und den Wegfall der Jahrgangsstufen am Gymnasium zurückzuführen. Im Schuljahr 2006/2007 besuchten 574 Schüler das Gymnasium. Im Schuljahr 2008/2009 gab es noch 334 Schüler. Ursache war der Wegfall der Jahrgangsstufen 5, 6 und 13.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß und bot gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis nahtlos mit der neuen, niedrigeren Eingruppierung fortzusetzen. Die Schulleiterin nahm dieses Angebot, unter dem Vorbehalt seiner sozialen Rechtfertigung, an. Die Schulleiterin erhob Klage.

Das Bundesarbeitsgericht entschied:

Die Änderungskündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt. Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Das Angebot des beklagten Landes, die Klägerin als Leiterin des Gymnasiums H ab 1.Oktober 2009 unter Eingruppierung in Entgeltgruppe15 TV-L weiterzubeschäftigen, war verhältnismäßig.

Als die Änderungskündigung im März 2009 ausgesprochen wurde, musste damit gerechnet werden, dass die Schülerzahl dauerhaft unterhalb der Schwelle von 360 Schülern bleiben wird. Deshalb war es aus Sicht des Landes nicht mehr gerechtfertigt, die Entlohnung für ein Gymnasium mit höherer Schülerzahl vorzunehmen. Die Schwelle von 360 Schülern ergibt sich aus dem Bundesbesoldungsrecht.

Die Schulleiterin erhielt eine Vergütung, die sich an der Besoldung von Beamten ausrichtete. Sie argumentierte, zu ihrer Einstufung als Angestellte sei ein fiktiver Lebenslauf als Beamte zugrunde zu legen. Darauf basierend stünde ihr weiterhin eine Vergütung nach Besoldungsgruppe A 16 zu.

Die Anlehnung der Vergütung an Besoldungsgruppen von Beamten zieht keine weiteren Rechte nach sich, wie sie Beamten zustehen. Das Arbeitsverhältnis unterliegt den Grundsätzen des Privatrechts. Dazu zählt auch die Kündbarkeit. Eine Unkündbarkeit wie im Beamtenstatus gibt es unter diesen Voraussetzungen nicht.

Die Schülerzahl am Gymnasium stieg im Schuljahr 2011/2012 sogar wieder auf 377 und liegt somit über dem Schwellenwert von 360. Das Bundesarbeitsgericht argumentiert jedoch, diese Entwicklung war zum Zeitpunkt der Entscheidungsfällung nicht absehbar.

Als öffentlicher Arbeitgeber ist das beklagte Land zu sparsamer Haushaltsführung verpflichtet. Die Herabstufung der Leiterin des Gymnasiums ist deshalb lediglich eine Ausführung bestehender Vorschriften.

Wie zu verfahren ist, wenn die Schwelle von 360 Schülern erneut überschritten wird, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.