Befristung eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.01.2017, Aktenzeichen 7 Sa 1760/16
Fehlt eine schriftliche Befristung des Prozessarbeitsverhältnisses, besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Wird ein Arbeitnehmer während eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses von der Arbeit freigestellt, spricht der Umstand, dass dadurch keine Arbeitsleistung erbracht wird, nicht gegen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.
Ein Forstbediensteter wurde zwei Jahre in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Vor dem Arbeitsgericht erhob der Forstbedienstete nach dem Ende der Befristung eine Befristungskontrollklage. Das Arbeitsgericht urteilte, die Befristung sei unwirksam. Die Arbeitgeberin wurde verurteilt, den Forstbediensteten bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiter zu beschäftigen.
Die Arbeitgeberin teilte noch vor Zustellung des Urteils dem Forstbediensteten mit, sie werde ihn entsprechend dem Urteil des Arbeitsgerichtes über das Befristungsverhältnis hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsverfahrens zu unveränderten Bedingungen weiter beschäftigen. Gleichzeitig werde er freigestellt und erhalte rückwirkend seine bisherige Vergütung.
Die Arbeitgeberin legte gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berufung ein. Das LAG wies die Klage des Forstbediensteten ab. Der Forstbedienstete legte beim Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Nichtzulassungsbeschwerde ein. Das BAG wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Wenige Tage später erklärte die Arbeitgeberin dem Forstbediensteten, das Arbeitsverhältnis habe mit dem Tag der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde geendet.
Daraufhin begehrte der Forstbedienstete beim Arbeitsgericht die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Durch seine Weiterbeschäftigung über die Klageabweisung des LAG hinaus sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Durch die schriftliche Erklärung der Arbeitgeberin zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsverfahrens sei kein Prozessarbeitsverhältnis begründet worden. Die Arbeitgeberin habe mit dem Schreiben nur ausgedrückt, sich gesetzeskonform und in Erfüllung der gerichtlichen Verpflichtung zu handeln. Das Arbeitsverhältnis sei auch nicht durch schlüssiges Verhalten (konkludent) zustande gekommen, da wegen der Freistellung des Forstbediensteten keine Arbeitsleistung erbracht wurde.
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes legte der Forstbedienstete Berufung beim Landesarbeitsgericht ein. Er vertrat die Auffassung, es habe ein Prozessarbeitsverhältnis vorgelegen. Wegen mangelnder Befristung sei es nun in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergegangen. Seiner Weiterbeschäftigung sei ein persönliches Gespräch mit dem Direktor und dem Personalleiter der Arbeitgeberin vorangegangen. Die Arbeitgeberin habe erklärt, dem Forstbediensteten werde ein Prozessarbeitsverhältnis angeboten. Er werde jedoch freigestellt, weil seine Stelle derzeit besetzt sei. Werde ein geeigneter Arbeitsplatz gefunden, werde die Freistellung beendet. Das habe die Arbeitgeberin in ihrem Schreiben nochmals zusammengefasst.
Das Forstbedienstete bestätigte, entsprechend sei verfahren worden. Die Vergütung wurde auch rückwirkend noch gezahlt. Das Prozessarbeitsverhältnis sei über das hinausgegangen, was er über die Zwangsvollstreckung aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil hätte durchsetzen können. Selbst nach der Entscheidung des LAG habe die Arbeitgeberin mehr als 6 Monate Vergütung gezahlt. Das spreche für die Freiwilligkeit der Beschäftigung.
Diese freiwillige Beschäftigung sei nicht wirksam in schriftlicher Form befristet worden. Daraus resultiere ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Für die Wirksamkeit dieses Arbeitsverhältnisses sei es nicht notwendig, tatsächlich Arbeit zu erbringen.
Der Forstbedienstete beantragte beim Landesarbeitsgericht die Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichtes sowie die Feststellung, es bestehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das beklagte Land solle verurteilt werden, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen als Funktionsförster weiter zu beschäftigen.
Das beklagte Land als Arbeitgeberin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie habe sich nicht zu mehr verpflichten wollen, als die Entscheidung des Arbeitsgerichts ihr aufgegeben habe. Der Forstbedienstete habe wegen seiner Freistellung zu keiner Zeit Arbeitsleistung erbracht. Deshalb habe es auch keiner schriftlichen Vereinbarung bedurft. Im Personalgespräch seien nur Formulierungen aufgenommen worden, die sich aus dem Urteil des Arbeitsgerichtes ergaben.
Die Arbeitgeberin sei zu keinem Zeitpunkt von einer freiwilligen Weiterbeschäftigung ausgegangen. Selbst wenn man von einem Prozessarbeitsverhältnis ausgehen würde, könne sich der Forstbedienstete nicht auf eine unwirksame Abrede zur Befristung berufen. Er habe hierzu nicht die Frist von 3 Wochen gemäß § 17 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) eingehalten. Der Klageantrag sei nicht auf die Unwirksamkeit der Befristung gerichtet.
Das Landesarbeitsgericht entschied, es bestehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das vereinbarte Prozessarbeitsverhältnis sei nicht wirksam befristet worden. Die Parteien hätten im Anschluss an das Urteil des Arbeitsgerichtes ein Prozessarbeitsverhältnis vereinbart.
Mit dem Prozessarbeitsverhältnis zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung werde kein Arbeitsverhältnis begründet oder die befristete Forstsetzung eines Arbeitsverhältnisses vereinbart. Es werde ein faktisches Beschäftigungsverhältnis begründet, das entfällt, sobald das begründende Urteil aufgehoben wird. Die Arbeitgeberin könne sich dann nicht mehr darauf berufen, die Beschäftigung erfolge nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung.
Mit der Vergütungszahlung direkt anschließend an die Befristung, statt an den Urteilsspruch, der erst 4 Monate später erfolgte, sei die Arbeitgeberin über die mit dem Urteil des Arbeitsgerichtes erzwungene Verpflichtung hinausgegangen. Damit werde deutlich, dass das befristete Arbeitsverhältnis über den Fristablauf hinaus fortgesetzt werden sollte. Dafür spreche auch die Freistellung, die nur bei einer Arbeitspflicht denkbar sei, da sie sonst ins Leere gehe.
Die Weiterbeschäftigung über den Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes sei ein ganz klares Zeichen für ein Arbeitsverhältnis. Mit der Klageabweisung war die Arbeitgeberin nicht mehr zur Weiterbeschäftigung verpflichtet. Diese Sichtweise werde nicht dadurch geändert, dass die Arbeitgeberin sich möglicherweise wegen der laufenden Nichtzulassungsbeschwerde verpflichtet fühlte, die Beschäftigung fortzuführen. Aus der Sicht des Forstbediensteten konnte diese Fortführung nur als Willenserklärung aufgefasst werden, ihn auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses weiter zu beschäftigen. Die Freistellung stelle diese Auffassung nicht infrage, da eine Freistellung nur bei vorliegender Arbeitspflicht denkbar ist.
Das Prozessarbeitsverhältnis sei nicht wirksam befristet gewesen. Eine Befristung erfordere zwingend die Schriftform. Das gelte auch für eine Zweckbefristung. Eine schriftliche Vereinbarung liege eindeutig nicht vor. Damit sei das Arbeitsverhältnis nach § 16 Satz 1 TzBfG als unbefristet anzusehen.
Nach all diesen Betrachtungen lag ein nicht wirksam befristetes Prozessarbeitsverhältnis vor. Nach § 14 TzBfG werde für eine zeitliche oder zweckbestimmte Befristung die Schriftform gefordert. Zwischen den Parteien bestehe ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu den früheren Bedingungen.
Eine Revision zu diesem Urteil wurde nicht zugelassen.