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Anspruch auf Bezahlung von Überstunden

Überstundenvergütung bei Mehrarbeitszeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.04.2012, 5 AZR 195/11

Ein Fernfahrer arbeitete seit 1990 ohne schriftlichen Arbeitsvertrag. Er verlangte Vergütung von mehr als 700 Überstunden, wobei eine 40-Stunden-Arbeitswoche zugrunde gelegt wird. Das Arbeitsgericht berücksichtigte alle Mehrleistungen, die über eine 48-Stunden-Woche hinaus gehen.

 

Mit dem Urteil des Arbeitsgerichtes nicht zufrieden, legte der Fernfahrer Berufung ein. In seiner Berufungsklage beanspruchte der Fernfahrer Vergütung für Arbeitsstunden, die über den Zeitraum von Montag bis Freitag 8 Stunden täglich überschreiten. Zusätzlich beanspruchte er die Vergütung von Leistungen, die an Samstagen, Sonn- und Feiertagen erbracht wurden. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück.

Mit der beschränkt zugelassenen Revision verlangt der Fernfahrer nun die taggenaue Abrechnung von Überstunden auf Basis einer 48-Stunden-Woche. Die Arbeitgeberin begehrte Klageabweisung, da keine tägliche Arbeitszeit vereinbart worden sei.

Das Urteil des Arbeitsgerichtes wurde vom BAG voll unterstützt. Über die Rechtsprechung des Arbeitsgerichtes hinausgehende Überstundenansprüche sind nicht gerechtfertigt.

Das BAG erläutert:

Bei Fehlen einer (wirksamen) Vergütungsregelung verpflichtet § 612 Abs. 1 BGB den Arbeitgeber, Überstunden zusätzlich zu vergüten, wenn deren Leistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

Die Parteien haben anlässlich der Einstellung eine Arbeitszeit vereinbart, die arbeitsrechtlich erlaubt ist. Damit richtet sich die Arbeitszeit nach den jeweils aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen. Durch diese Vereinbarung wurden neben den täglichen und wöchentlichen Höchstgrenzen für Arbeitszeit auch gesetzlich vorgesehen Ausgleichszeiträume vereinbart. Damit wird auch das Berufsbild des Fernfahrers berücksichtigt, welches sich an den zu erbringenden Fahrten orientiert. Eine gleichbleibende tägliche Arbeitsleistung wird für dieses Berufsbild nicht als angemessen angesehen.

Die Straßenverkehrstätigkeit von Fernfahrern darf nach § 21a Abs. 4 ArbZG wöchentlich 48 Stunden nicht überschreiten. Findet innerhalb von 16 Wochen oder vier Kalendermonaten ein Ausgleich auf durchschnittlich 48 Wochenstunden statt, darf die wöchentliche Arbeitszeit zeitweilig auf bis zu 60 Stunden ausgeweitet werden. Diese Regelung findet aufgrund der vereinbarten Arbeitszeitregelung zwischen den Parteien Anwendung. Alle darüber hinausgehenden Leistungen gelten demnach als Überstunden.

Das BAG führt weiter aus:

Die Vorinstanzen sind zugunsten des Klägers von einem wöchentlichen Ausgleichszeitraum ausgegangen und haben dem Kläger für die darüber hinausgehenden Arbeitsstunden weitere Vergütung zugesprochen. Diese Berechnungsweise begünstigt den Kläger, belässt aber keinen Raum für eine darüber hinausgehende Feststellung vergütungspflichtiger Überstunden.