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Personelle Kontinuität der Betriebsratstätigkeit

Sicherung der Betriebsratstätigkeit bei Befristung des Arbeitsverhältnisses

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2016, Aktenzeichen 7 AZR 340/14

Die personelle Kontinuität der Betriebsratstätigkeit wird in der Regel nur dann gewahrt, wenn sich die Laufzeit des Arbeitsvertrages mindestens auf die Dauer der gesetzlichen Amtszeit des Betriebsrats erstreckt. Kürzere Zeiten führen zur personellen Diskontinuität.

Ein Bankkaufmann war in einem Unternehmen für Personalvermittlung beschäftigt. Er nahm Aufgaben als Mitglied des Betriebsrats wahr. Er klagte in Form einer Befristungskontrollklage vor dem Arbeitsgericht gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages, gemeinsam mit drei weiteren Betriebsratsmitgliedern.

Der Arbeitsvertrag sei wegen fehlenden Sachgrundes unwirksam. Im Gesetz gebe es keinen Sachgrund „Sicherung der Kontinuität der Betriebsratstätigkeit“. Ein zur Sicherung der Betriebsratstätigkeit befristeter Arbeitsvertrag müsse mindestens für die Dauer einer Wahlperiode abgeschlossen werden. Vor dem Arbeitsgericht beantragte der Bankkaufmann festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum Fristablauf geendet habe, sondern unbefristet fortbestehe.

Die Arbeitgeberin hingegen argumentierte, die Befristung bedürfe keines Sachgrundes. Die Befristung sei durch einen sonstigen Sachgrund nach § 14 Absatz 1 Satz 1 TzBfG (Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge) gerechtfertigt. Bereits ein Jahr vor Ablauf der Befristung sei erkennbar gewesen, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder weit vor Ablauf der regulären Amtszeit des Betriebsrats unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl sinken werde und Neuwahlen notwendig seien. Das Arbeitsverhältnis habe die Arbeitgeberin bis Ende 2012 verlängert, um die Kontinuität der Betriebsratsarbeit bis zu den Neuwahlen zu gewährleisten.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung ab. Mit der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) verfolgte der Bankkaufmann seine Klage weiter.

Das BAG hielt die Begründung des Landesarbeitsgerichts für nicht gerechtfertigt. Die Befristungskontrollklage könne nicht mit der Begründung abgewiesen werden, die Befristung sei zur Wahrung der Kontinuität der Betriebsratsarbeit gerechtfertigt. Ob der Arbeitsvertrag ohne Vorliegen eines sachlichen Befristungsgrundes wirksam befristet sei, könne das BAG nicht abschließend feststellen.

Die Wahrung der personellen Kontinuität der Betriebsratstätigkeit sei kein sachlicher, sondern ein sonstiger Sachgrund nach § 14 Absatz 1 Satz 1 TzBfG. Sonstige Sachgründe könnten die Befristung des Arbeitsvertrages nur rechtfertigen, wenn sie den Bewertungsmaßstäben von § 14 Absatz 1 TzBfG entsprechen und den im Gesetz benannten Sachgründen gleichwertig sind. Den im dortigen Sachgrundkatalog aufgelisteten Befristungstatbeständen sei das rechtlich anerkannte Interesse gemeinsam, anstelle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu wählen.

Die personelle Kontinuität des Betriebsrats werde vom Gesetzgeber als schützenswert angesehen. Mit dem § 15 des Kündigungsschutzgesetzes (KschG) sollen Betriebsratsmitglieder stärker vor Kündigungen geschützt werden. Während der Dauer der Wahlperiode soll die Zusammensetzung des Betriebsrats möglichst unverändert bleiben. Die Arbeitgeberin habe ein Eigeninteresse an einem funktionsfähigen Betriebsrat. Durch vermeidbares vorzeitiges Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern könnten kostspielige vorzeitige Neuwahlen vermieden werden.

Dieses Interesse der Arbeitgeberin könne grundsätzlich einen Sachgrund für eine Befristung darstellen, wenn der Sachgrund die personelle Kontinuität des Betriebsrats wahrt, indem der Arbeitsvertrag bis zum Ende der Amtszeit des Betriebsrats verlängert wird. Verlängerungen für kürzere Zeiträume bedürfen besonderer Darlegungen, aus welchen Gründen sie dennoch geeignet sein sollen, die Kontinuität des Betriebsrats zu wahren.

Die personelle Kontinuität der Betriebsratstätigkeit werde in der Regel nur dann gewahrt, wenn sich die Laufzeit des Arbeitsvertrages mindestens auf die Dauer der gesetzlichen Amtszeit des Betriebsrats erstreckt. Kürzere Zeiten führten zur personellen Diskontinuität. Nur besondere Umstände könnten als Begründung dienen, dass die Befristung zur Wahrung der personellen Kontinuität des Betriebsrats notwendig ist.

Das LAG habe zu unrecht angenommen, die Befristung sei durch den Sachgrund der personellen Kontinuität des Betriebsrats gerechtfertigt. Die vereinbarte Vertragsverlängerung um ein Jahr ermögliche keine kontinuierliche Fortsetzung der Betriebsratsarbeit für den Zeitraum der Amtsperiode, die erst 15 Monate später geendet hätte.

Um hingegen die personelle Kontinuität des Betriebsrats bis zur Neuwahl zu gewährleisten, hätte es keiner Verlängerung um ein Jahr bedurft. Betriebsratswahlen seien in einem wesentlich kürzeren Zeitraum möglich, da bei regelmäßigen Betriebsratswahlen spätestens 10 Wochen vor Ablauf der Amtszeit ein Wahlvorstand zu bestellen ist, der die Wahlen einleitet und durchführt.

Das LAG habe festzustellen, ob die sachgrundlose Befristung zwischen den Parteien durch schlüssiges Verhalten ausgeschlossen wurde und ob weitere Umstände bei Vertragsabschluss mit dem Bankkaufmann vorlagen, die für den Ausschluss einer sachgrundlosen Befristung sprachen.

Das Urteil des LAG wurde aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Das LAG habe zu prüfen, ob die Befristung des Arbeitsvertrages ohne Sachgrund gerechtfertigt ist.