Sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen nur bei Ersteinstellung
Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 06. Juni 2018, Aktenzeichen 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14
Ein Arbeitsverhältnis darf höchstens für die Dauer von zwei Jahren sachgrundlos befristet und höchstens drei Mal verlängert werden. Eine sachgrundlose Befristung ist unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Vor einem Arbeitsgericht wurde eine Klage auf Entfristung des Arbeitsvertrages eingerecht. Der Kläger machte geltend, die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Die sachgrundlose Befristung verstoße gegen § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz), da er bei derselben Arbeitgeberin bereits zuvor beschäftigt war. Er müsse also weiterbeschäftigt werden.
Das Arbeitsgericht setzte das Verfahren aus. Dem Bundesverfassungsgericht wurde die Frage vorgelegt, ob § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG mit Artikel 12 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 1 GG (Grundgesetz) vereinbar sei. Nach der Auslegung des Arbeitsgerichts sei die sachgrundlose Befristung auf die erstmalige Beschäftigung bei der jeweiligen Arbeitgeberin beschränkt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertrete hingegen die Auffassung, eine erneute sachgrundlose Befristung sei zulässig, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen mehr als 3 Jahre liegen.
Nach Auffassung des vorlegenden Arbeitsgerichtes verbiete die Regelung ausnahmslos jede sachgrundlos befristete Wiedereinstellung bei demselben Arbeitgeber. Der Wortlaut „bereits zuvor“ sei eindeutig und schließe jedes in der Vergangenheit liegende Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber ein. Die Vorschrift gebe hinreichend deutlich zu verstehen, dass es – anders als noch unter Geltung des Beschäftigungsförderungsgesetzes – nicht mehr auf einen engen sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang zwischen den aufeinanderfolgenden Arbeitsverträgen ankomme.
Der Gesetzgeber habe ausdrücklich festgehalten, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur noch bei erstmaliger Beschäftigung der jeweiligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zulässig sei. Mit § 14 Absatz 2 TzBfG habe der Gesetzgeber Kettenbefristungen einschränken und die Chancen der Arbeitssuchenden auf eine Dauerbeschäftigung verbessern wollen. Zu diesem Zweck habe er sachgrundlose Befristungen zugelassen, aber auf die erstmalige Einstellung bei einem Arbeitgeber beschränkt.
In dieser Auslegung greife § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG in das Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Artikel 12 Absatz 1 GG und in die durch Artikel 2 Absatz 1 GG garantierte Vertragsfreiheit ein und verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot von Artikel 3 Absatz 1 GG.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen arbeitsgerichtliche Entscheidungen. Der Beschwerdeführer machte im Ausgangsverfahren erfolglos geltend, die zuletzt vereinbarte sachgrundlose Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gingen jedoch im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG einer sachgrundlosen Befristung nicht entgegenstehe, weil das vorangegangene Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber mehr als drei Jahre zurückliege. Die gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil erhobene Grundsatzbeschwerde wies das Bundesarbeitsgericht zurück.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG. Die einschränkende Auslegung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht, der sich die Gerichte des Ausgangsverfahrens angeschlossen hätten, überschreite die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, denn sie setze sich über den eindeutig dokumentierten gesetzgeberischen Willen hinweg.
Der Wortlaut der Regelung „bereits zuvor“ sei eindeutig und erfasse jeden Arbeitsvertrag, der zeitlich vor dem letzten sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Entstehungsgeschichte bestätige diese Auslegung. Alternativvorschlägen sei der Gesetzgeber nicht gefolgt.
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens zu 1 BvR 1375/14 hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Der Beschwerdeführer werde durch die fachgerichtlichen Urteile nicht in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG verletzt. Das Bundesarbeitsgericht habe § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG zu Recht einschränkend ausgelegt. Dies überschreite nicht die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung.
Unionsrechtliche Regelungen wirken für diesen Fall nicht einschränkend. Die unionsrechtliche Norm des § 5 der Rahmenvereinbarung zu RL 1999/70/EG lege keine Grenzen für Kettenbefristungen fest, sondern nenne nur Maßnahmen, mit deren Hilfe missbräuchliche Befristungen verhindert werden können. Die Entscheidung über die konkreten Regelungen verbleibe bei den Mitgliedstaaten.
Das Verfassungsgericht entschied, § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG sei mit dem Grundgesetz in der Auslegung des vorlegenden Arbeitsgerichts vereinbar, soweit sachgrundlose Befristungen zwischen denselben Vertragsparteien auf die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses beschränkt sind und jede erneute sachgrundlos befristete Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber verboten wird.
Die Fachgerichte können und müssen aber in Fällen, in denen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgten Schutzes von vornherein nicht bedürfen, weil offensichtlich keine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Vorbeschäftigten besteht, den grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durch die Einschränkung des Anwendungsbereichs Rechnung tragen, die allerdings im Einklang mit dem sozialpolitischen Ziel des Schutzes der unbefristeten Beschäftigung als Regelfall stehen müsse.
Werde eine wiederholte sachgrundlose Befristung zwischen denselben Vertragsparteien entgegen der erkennbaren Entscheidung des Gesetzgebers immer dann gestattet, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt, werde gegen die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung durch die Gerichte und verstoßen und damit gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG.
§ 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG verletze in der Auslegung des vorlegenden Arbeitsgerichts nicht die Berufsfreiheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Artikel 12 Absatz 1 GG), die berufliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Arbeitgeber und das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, da in unzumutbaren Fällen der Anwendungsbereich der Norm eingeschränkt werden könne.
§ 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG berühre die Arbeitsvertragsfreiheit sowohl auf Seiten derjenigen, die Arbeit suchen, als auch auf Seiten derjenigen, die als Arbeitgeber tätig sind. Darin liege jeweils eine Beeinträchtigung von Artikel 12 Absatz 1 GG, denn das Grundrecht schütze die Vertragsfreiheit der Beschäftigten im beruflichen Bereich.
Das Grundrecht garantiere die freie Wahl des Arbeitsplatzes und schütze den Entschluss, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in dem gewählten Beruf zu ergreifen, ein Arbeitsverhältnis beizubehalten oder es aufzugeben. Das Grundrecht richte sich gegen alle staatlichen Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit beschränken, also die Erlangung eines zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzes behindern oder zur Annahme, Beibehaltung oder Aufgabe eines bestimmten Arbeitsplatzes zwingen. Zudem schütze Artikel 12 Absatz 1 GG die Vertrags- und Dispositionsfreiheit der Arbeitgeber zum Abschluss von Arbeitsverträgen mit den Beschäftigten.
Der Gesetzgeber beschränke diese Freiheit beider Parteien durch § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG, der die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages verbietet, wenn „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bestanden hat. Selbst wenn der Wille vorhanden ist, mit dem früheren Arbeitgeber erneut einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, ist dies nach § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG in der Auslegung des vorlegenden Arbeitsgerichts in jedem Fall ausgeschlossen. Die Regelung beeinträchtige damit sowohl die Arbeitsvertragsfreiheit der Beschäftigten wie auch diejenige der Arbeitgeber. Sie wirke sich auf die Berufswahlfreiheit der Bewerberinnen und Bewerber auf einen Arbeitsplatz aus, da Vorbeschäftigte in der Konkurrenz um einen sachgrundlos befristet zu vergebenden Arbeitsplatz typischerweise gegenüber nicht Vorbeschäftigten geringere Chancen haben werden.
Diese Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Freiheit sei nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes jedoch gerechtfertigt, um die Gefahr einer Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten auszuschließen und die unbefristete Beschäftigung als Regelfall zu sichern. Der Gesetzgeber dürfe die durch Artikel 12 Absatz 1 GG geschützte Berufsfreiheit begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken. Der Staat sei zudem verpflichtet, das Individualarbeitsrecht so zu gestalten, dass die Grundrechte der Parteien in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Soweit die Privatautonomie ihre regulierende Kraft nicht zu entfalten vermag, weil ein Vertragspartner kraft seines Übergewichts Vertragsbestimmungen einseitig setzen kann, müssten staatliche Regelungen auch ausgleichend eingreifen, um den Grundrechtsschutz zu sichern.
Die Arbeitsgerichte können jedoch die Anwendung der Norm in verfassungskonformer Auslegung auf Fälle ausschließen, in denen dies für die Beteiligten unzumutbar wäre.
Der Gesetzgeber begrenze die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung in § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG. Er ziele mit dem darin enthaltenen Verbot der Kettenbefristung auf den Schutz der Beschäftigten vor Unsicherheit und sozialen Nachteilen. Das Ziel, dieser Unsicherheit entgegenzuwirken, habe besonderes verfassungsrechtliches Gewicht, weil es einer Schutzpflicht Rechnung trägt, die sich aus Artikel 12 Absatz 1 GG ergibt. Mit der Berufswahlfreiheit sei zwar weder ein Anspruch auf Bereitstellung eines Arbeitsplatzes eigener Wahl noch eine Bestandsgarantie für den einmal gewählten Arbeitsplatz verbunden. Doch obliegt dem Staat aus dem Grundrecht folgend der Schutz der strukturell unterlegenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dem insbesondere die gesetzlichen Regelungen des Kündigungsschutzes dienen.
Die Einschränkung der sachgrundlosen Befristung solle eine für die soziale Absicherung der Beschäftigten wichtige unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform im Normalfall sichern. Die Regelung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG ordnet hier die von Artikel 12 Absatz 1 GG geschützten Interessen der um einen Arbeitsplatz konkurrierenden Beschäftigten und der an Flexibilität interessierten Arbeitgeber im Interesse eines sozialen Ausgleichs.
Die Beschränkung der sachgrundlosen Befristung auf Fälle der erstmaligen Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem jeweiligen Arbeitgeber soll diesen veranlassen, den Arbeitnehmer entweder unbefristet weiter zu beschäftigen oder bei weiterhin bestehendem nur vorübergehendem Arbeitskräftebedarf einen anderen Arbeitnehmer befristet einzustellen.
Bleibt eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG für die Arbeitsvertragsparteien die Ausnahme, trägt dies dazu bei, die unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelfall der Beschäftigung zu erhalten und sachgrundlose Kettenbefristungen zu verhindern.
§ 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG sei zur Erreichung der legitimen gesetzgeberischen Ziele auch erforderlich. Es ist nicht erkennbar, dass ein gleich wirksames, die Grundrechtsberechtigten weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung stehe, um den mit dem Gesetz verfolgten Zweck zu erreichen. Eine Karenzregelung, die es den Arbeitsvertragsparteien erlaubt, nach einem gewissen Zeitraum erneut eine sachgrundlose Befristung zu vereinbaren, erreiche die Ziele des Gesetzgebers nicht in gleicher Weise. Dabei sei zu berücksichtigen, dass § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht nur Kettenbefristungen verhindern soll, sondern in die übergreifende Zielsetzung des Befristungsrechts eingebettet ist, die unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelfall zu schützen.
Die Beschränkung der sachgrundlosen Befristung auf die Ersteinstellung beim jeweiligen Arbeitgeber habe insoweit eine stärkere Steuerungswirkung als eine Karenzregelung. Sie könne einem größeren Kreis von Arbeitssuchenden die Gelegenheit eröffnen, sich in einer sachgrundlos befristeten Beschäftigung zu bewähren und für eine Dauerbeschäftigung zu empfehlen, und zwinge den Arbeitgeber dann, sich zwischen der sachgrundbefristeten oder unbefristeten Weiterbeschäftigung einer Person oder der sachgrundlos befristeten Neueinstellung einer anderen Person zu entscheiden.
Eine Karenzregelung wäre zwar für Vorbeschäftigte im Moment der Einstellung auf einen Arbeitsplatz ein milderes, aber für die langfristige soziale Sicherung durch unbefristete Verträge und für die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Ziele des Gesetzgebers nicht gleich wirksames Mittel.
Die mit § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG verbundenen Beeinträchtigungen der Berufsfreiheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie auch der Arbeitsvertragsfreiheit der Arbeitgeber wiegen zwar schwer. In der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftigten im Arbeitsverhältnis (Artikel 12 Absatz 1 GG) und den im Sozialstaatsprinzip von Artikel 20 Absatz 1, Artikel 28 Absatz 1 GG verankerten sozial- und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen erweisen sie sich jedoch als zumutbar.
In erster Linie schütze die Norm davor, dass die Angewiesenheit auf Erwerbsarbeit durch unmittelbare und verzögerte oder bewusst eingesetzte Kettenbefristungen ausgenutzt werde. Der Gesetzgeber reagiere insofern auf die regelmäßig asymmetrischen Bedingungen in der Erwerbsarbeit und erfülle damit einen in Artikel 12 Absatz 1 GG angelegten Schutzauftrag. Zugleich ziele er auf die soziale Absicherung der abhängig Beschäftigten, weil er die unbefristete Dauerbeschäftigung als Regelbeschäftigungsform erhalten wolle. Damit will er auch die Leistungsfähigkeit des sozialversicherungsrechtlichen Systems sichern, das sich maßgeblich aus im Arbeitsverhältnis erwirtschafteten Beitragszahlungen finanziert. Das trägt dem Sozialstaatsgebot von Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 28 Absatz 1 GG Rechnung.
Wenn der Gesetzgeber entscheidet, die sachgrundlose Befristung zwar als Brücke in eine Dauerbeschäftigung zuzulassen, dies aber grundsätzlich auf die Ersteinstellung bei dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber zu beschränken, ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Er könne sich insoweit darauf stützen, dass die Übernahmechance in eine Dauerbeschäftigung nach dem ersten Befristungsjahr regelmäßig absinkt und sich wiederholte Befristungen und Zeiten der Arbeitslosigkeit negativ auf die Chance auswirken, unbefristet beschäftigt zu werden. Es sei plausibel, davon auszugehen, dass ein Befristungszeitraum von zwei Jahren ausreiche, um sich ein Bild von den Beschäftigten und ihrer Eignung zu machen.
Jedoch ist ein Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Der mit § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG verfolgte Schutzzweck könne in diesen Fällen das Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nicht rechtfertigen, soweit das legitime Interesse der Arbeitssuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung und das ebenfalls legitime Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber entgegensteht.
Das sich sonst in der Auslegung des Arbeitsgerichts aus § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG ergebende Verbot der sachgrundlosen Befristung des Arbeitsvertrages könne insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliege, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. So liege es etwa bei geringfügigen Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studien- oder Familienzeit, bei Werkstudierenden und studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsqualifizierung oder bei einer erzwungenen oder freiwilligen Unterbrechung der Erwerbsbiographie, die mit einer beruflichen Neuorientierung oder einer Aus- und Weiterbildung einhergeht. Die Fachgerichte können und müssen in derartigen Fällen durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG einschränken.
Die Verfassungsbeschwerde sei begründet. Die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen folgten der Auslegung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht. Das verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG. Die Annahme, eine sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages sei nur dann unzulässig, wenn eine Vorbeschäftigung weniger als drei Jahre zurückliege, überschreite die Grenzen vertretbarer Auslegung gesetzlicher Vorgaben durch die Gerichte, weil der Gesetzgeber gerade dies klar erkennbar nicht wollte.
Zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört die Rechtsfortbildung. Der Gesetzgeber habe dies seit Langem anerkannt und den obersten Gerichtshöfen des Bundes die Aufgabe der Rechtsfortbildung ausdrücklich überantwortet. Rechtsfortbildung dürfe hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein.
Diesen Anforderungen wird die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegende Auslegung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG durch das Bundesarbeitsgericht nicht gerecht. Sie löst sich von der gesetzgeberischen Grundentscheidung und ersetzt diese durch ein eigenes Regelungsmodell, das der Gesetzgeber erkennbar nicht wollte. Damit seien die Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung durch die Gerichte überschritten.
In § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG komme eine gesetzgeberische Grundentscheidung zum Ausdruck, wonach sachgrundlose Befristungen zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich nur bei der erstmaligen Einstellung zulässig sein sollen. Der Gesetzgeber habe sich damit zugleich gegen eine zeitliche Begrenzung des Verbots entschieden.
Die Gesetzesmaterialien und die Entstehungsgeschichte zeigten deutlich auf, welche gesetzgeberische Konzeption der Norm zugrunde liege. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Entwurf des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vom 24. Oktober 2000 sollte es weiterhin zulässig sein, einen Arbeitsvertrag ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zu befristen und einen zunächst kürzer befristeten Arbeitsvertrag innerhalb der zweijährigen Höchstbefristungsdauer höchstens dreimal zu verlängern.
Unter der Überschrift „Einschränkung von Kettenverträgen“ heißt es dort weiter:
„Die erleichterte Befristung eines Arbeitsvertrages ist künftig nur bei einer Neueinstellung zulässig, d.h. bei der erstmaligen Beschäftigung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeber. Durch diese Einschränkung wird im Unterschied zum bisherigen Recht die theoretisch unbegrenzte Aufeinanderfolge befristeter Arbeitsverträge (Kettenverträge) ausgeschlossen.
Diese Ausführungen im Gesetzentwurf der Bundesregierung zeigten, dass zur Verhinderung von Kettenbefristungen den Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung grundsätzlich nur einmal eröffnet werden sollte. Jedes frühere Arbeitsverhältnis sollte von § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG unabhängig davon erfasst werden, wie lange es zurückliegt. Diese Konzeption habe der Gesetzgeber auch bewusst umgesetzt.
Der Gesetzgeber habe vielmehr trotz mehrerer formulierter Alternativen an der im Regierungsentwurf vorgesehenen Formulierung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG festgehalten. Dies belege eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, denselben Vertragsparteien nur einmalig und nur bei der erstmaligen Begründung eines Arbeitsverhältnisses eine sachgrundlose Befristung zu gestatten.
Die Vorlagefrage sei so zu beantworten, dass § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG mit dem Grundgesetz bei eingeschränkter Anwendung auf Fälle, in denen die Gefahr der Kettenbefristung, und eine Abkehr von unbefristeter Beschäftigung als Regelfall besteht, vereinbar ist.
Die angegriffenen Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts überschritten die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzten damit den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 GG. Sie beruhten auch auf dieser Grundrechtsverletzung, weil allein die verfassungswidrige Auslegung des § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG zur Wirksamkeit der streitbefangenen Befristung und damit zum Unterliegen des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren führe.
Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.