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Anforderungen an die dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Räume

Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 31.07.2023, Aktenzeichen 16 TaBV 151/22

Amtliche Leitsätze:

1. Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Betriebsrat andere als die bisher genutzten Räume zur Verfügung zu stellen, sofern diese ebenfalls den konkreten Erfordernissen des Betriebsrats genügen. Sie müssen optisch und akustisch soweit abgeschirmt sein, dass sie von Zufallszeugen von außen nicht eingesehen und abgehört werden können.

2. Dies war hier nicht der Fall, da der hintere Raum, von dem großen, offen zugänglichen (Vor-) Raum aus eingesehen werden werden kann. Ferner ist der Raum nicht ausreichend gesichert, da es sich um eine einfache Zimmertür mit einem entsprechenden Schloss, keinem Sicherheitsschloss, handelt. Er erscheint auch nicht ausreichend groß. Der zwar große, aber offene Vorraum ist für Betriebsratstätigkeit überhaupt nicht nutzbar. 

Im vorliegenden Fall betreibt der Arbeitgeber die Räumung der bisher dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Betriebsratsräume. Der Betriebsrat besteht aus 3 Mitgliedern, der ihm zur Verfügung gestellte Raum hat eine Größe von 19 qm. Stattdessen soll der Betriebsrat jetzt ein Büro beziehen, welches 6 Gehminuten von der Filiale entfernt und 75 qm groß ist. Um die Zwangsvollstreckung zu vermeiden, hat der Betriebsrat seine bisherigen Räume tatsächlich geräumt. 

Die neu zugewiesenen Räumlichkeiten befinden sich innerhalb eines Gebäudes, welches im Erdgeschoss ein Immobilienbüro beherbergt. Eine offene Treppe führt vom Erdgeschoss in den ersten Stock, wo die Räume für den Betriebsrat nunmehr angemietet sind. Diese Räume sind nicht separat durch eine Wand mit eigener Eingangstür von der Treppe abgegrenzt, was bedeutet, dass der größere Raum von den Mitarbeitern des Immobilienbüros betreten werden kann. Zusätzlich dient dieser Raum als Zugang zur Küche, die ebenfalls von den Mitarbeitern des Immobilienbüros genutzt wird. Am hinteren Ende dieses offenen Raums gibt es einen abgetrennten Raum, der durch eine Zimmertür mit einem einfachen Schloss, keinem Sicherheitsschloss, versehen ist. Dieser abgetrennte Raum kann vom größeren offenen Raum aus durch ein Innenfenster eingesehen werden. Die Größe dieses zweiten Raums beträgt etwa 15 bis 20 m² und der Arbeitgeber behauptet, dass er fast genauso groß sei wie das bisherige Betriebsratsbüro. Es wurde in Aussicht gestellt, dass zeitnah Jalousien am Innenfenster zum Betriebsratsbüro angebracht werden, um von außen keine Einsicht zu ermöglichen. Die Betriebsratsmitglieder im ersten Stock hören, was unten gesprochen wird.

Das Arbeitsgericht hat dem Räumungsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und dem Betriebsrat recht gegeben.

Das Anliegen des Arbeitgebers, die bisherigen Räumlichkeiten zurückzufordern, ist nicht gerechtfertigt. Zwar hat der Arbeitgeber das Recht, dem Betriebsrat andere Räume zur Verfügung zu stellen, solange diese den spezifischen Anforderungen des Betriebsrats entsprechen (vgl. Fitting, BetrVG, 31. Aufl., § 40 Rn. 111). Diese Räume müssen angemessen eingerichtet sein und dem betrieblichen Standard entsprechen. Insbesondere müssen Besprechungsräume sowohl visuell als auch akustisch ausreichend abgeschirmt sein, um ungewollte Einsicht und Abhörung von Außenstehenden zu verhindern (vgl. Richardi-Thüsing, BetrVG, § 40 Rn. 68).

Die dem Betriebsrat neu zugewiesenen Räume entsprechen nicht diesen Anforderungen. Der kleine Raum im hinteren Bereich kann von dem größeren, offen zugänglichen Raum aus durch das Innenfenster eingesehen werden. Obwohl der Arbeitgeber in Aussicht gestellt hat, dass eine Jalousie angebracht werden soll, ist dies bis zum Ende der Anhörung in der Tatsacheninstanz nicht geschehen. Zudem ist dieser Raum nicht ausreichend gesichert, da es sich lediglich um eine einfache Zimmertür mit einem entsprechenden Schloss handelt, wie aus dem vom Arbeitgeber eingereichten Foto hervorgeht.

Allein dieser hintere Raum scheint auch von der Größe her nicht ausreichend für ein 3-köpfiges Gremium zu sein, insbesondere, wenn dort zusätzlich ein oder zwei Besucher Platz nehmen sollen. Es müssten zudem mindestens ein Schreibtisch sowie ein abschließbarer Schrank in diesem kleineren Raum untergebracht werden, da der offene Vorraum, obwohl groß, für Betriebsratstätigkeiten nicht geeignet ist.

Obwohl Schreibtische dort aufgestellt werden könnten, könnten Betriebsratsmitglieder keine Unterlagen dort liegen lassen und müssten sie stattdessen jeweils nach Abschluss ihrer Tätigkeit in dem kleinen Raum einschließen. Des Weiteren könnten dort keine Gespräche über Betriebsratsthemen geführt werden.

Angesichts der offenen Treppe zum Erdgeschoss und dem dort befindlichen Immobilienbüro fehlt es zudem an Schallschutz, was jedoch für die Vertraulichkeit von Gesprächen unter Betriebsratsmitgliedern unerlässlich ist. Um die Räume für die Betriebsratstätigkeit geeignet zu machen, wäre eine bauliche Abtrennung mit entsprechendem Schallschutz im ersten Obergeschoss zur Treppe hin erforderlich, versehen mit einer abschließbaren Sicherheitstür.